Pres­se­frei­heit vs. der Kampf gegen Fake-News

Datum
06. Mai 2020
Autor*in
Carla Moritz
Themen
#pressefreiheit20 #Politik
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Fake-News

Im Kampf gegen Fake-News scheint das Löschen von Desin­for­ma­tion eine einfache Lösung zu sein. Unsere Autorin Carla Moritz möchte heraus­finden: Inwie­fern stellt dies einen Eingriff in die Pres­se­frei­heit dar? 

Das Risiko einer Corona-Infek­tion wird durch das Tragen von Schutz­masken erhöht.“ Die Lebens­mit­tel­ver­sor­gung in Deutsch­land ist gefährdet“ und Aspirin kann Covid-19 heilen“ – Falsch­mel­dungen wie diese häufen sich beson­ders seit Anfang der Corona-Krise und verun­si­chern unsere Gesell­schaft. Sie gefährden nicht nur die Gesund­heit, sondern erzeugen ein falsches Bild der Realität und schüren Miss­trauen. Aber Fake-News und absicht­liche Desin­for­ma­tion sind nicht erst seit der Corona-Krise ein Problem. Die Verfasser*innen verbreiten wissent­lich falsche oder nicht bestä­tigte Infor­ma­tionen, um zu verun­si­chern und ihre Inter­essen durch­zu­setzen. Doch wer steht in der Verant­wor­tung, etwas dagegen zu tun? Sollten netz­werk­be­trei­bende Firmen falsche und irre­füh­rende Nach­richten löschen? Oder kommt es dabei zu einer entschei­denden Einschrän­kung der Meinungs­frei­heit?

Falsch­in­for­ma­tionen sollten gelöscht werden“

Oskar Vitlif ist junger Jour­na­list und postet unter anderem für Die Tages­schau“ auf Insta­gram. Seiner Meinung nach sollten Falsch­in­for­ma­tionen in sozialen Netz­werken gelöscht werden“, da sie keine Berei­che­rung, sondern einen Schaden für die Gesell­schaft darstellen – falsche Infor­ma­tionen zur Effek­ti­vität von Schutz­masken oder der Lebens­mit­tel­ver­sor­gung in Deutsch­land könnten damit im Keim erstickt werden und würden viel­leicht weniger Schaden anrichten.

Gefahr des Macht­miss­brauchs für Pres­se­frei­heit

In den vergan­genen Tagen zeigte sich jedoch, dass solche Befug­nisse zur Löschung von Fake-News“ sehr schnell miss­braucht werden können. Ein Beispiel ist Ungarn, wo die von der Regie­rung kontrol­lierte Staats­an­walt­schaft verzeh­rende Bericht­erstat­tung“ bestraft und so kriti­sche Stimmen zum Schweigen bringt, berichtet Sylvie Ahrens-Urbanek, Kommu­ni­ka­tions-Team­lei­terin von Reporter ohne Grenzen.

Daher sieht die Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tion Reporter ohne Grenzen eine Löschung von Fake-News als sehr kritisch und eine große Gefahr für die Pres­se­frei­heit“. Ahrens-Urbanek erklärt, dass im schlimmsten Falle auch wich­tige Infor­ma­tionen gelöscht werden könnten. Beson­ders proble­ma­tisch sei, dass die netz­werk­be­trei­benden Firmen entscheiden dürfen, welche Meldungen als Fake-News“ einzu­stufen sind. Die Betrei­benden von Face­book und Co. wären damit in der Lage zu entscheiden, welche Infor­ma­tionen an die Öffent­lich­keit kommen – oder eben nicht. Laut Ahrens-Urbanek darf dies nicht geschehen, da die Möglich­keit sich im Netz zu infor­mieren ein sehr hohes Gut“ sei und nicht einge­schränkt werden dürfe. Denn ohne eine freie Presse gibt es gene­rell keine Frei­heit“, so die Vertre­terin von Reporter ohne Grenzen weiter.

Veri­fi­zie­rung der Glaub­wür­dig­keit der Publi­zie­renden als mögliche Lösung

Eine Lösung könne eine Art Veri­fi­zie­rungs­system bieten, welches die Glaub­wür­dig­keit von Autor*innen einschätzt. Dabei sei laut Ahrens-Urbanek aller­dings wichtig, dass die Beur­tei­lung nicht auf Grund­lage des Inhalts sondern der Trans­pa­renz und den Rahmen­be­din­gungen der Recherche erfolge“: Wer steckt hinter einer Seite? Wie finan­zieren sie sich? Gibt es ein Impressum? Die Idee: Medi­en­schaf­fende, Journalist*innen und Blogger*innen, die diese Krite­rien erfüllen, werden als glaub­würdig einge­stuft und sollen dadurch im Algo­rithmus besser gerankt werden. So würden glaub­wür­dige und sach­lich infor­mie­rende Meldungen User*innen besser errei­chen als reiße­ri­sche Falsch­mel­dungen, erklärt Ahrens-Urbanek.

Es stellt sich die Frage, wer dazu befugt wird, über die Veri­fi­zie­rung zu entscheiden. Auch, ob ein solches Veri­fi­zie­rungs­system schluss­end­lich wirk­lich das Lese­ver­halten von Nutzer*innen und das Vertrauen in bestimmte Medien verän­dern kann, bleibt frag­lich. Am Ende liegt es nicht nur in der Verant­wor­tung jeder Einzel­person, sich zu infor­mieren und sich eine Meinung zu bilden, sondern es ist auch das Recht aller, dies tun zu können – gesi­chert durch die Infor­ma­tions- und Pres­se­frei­heit.


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