Posi­tive Diskri­mi­nie­rung wird immer passieren“

Datum
13. April 2023
Autor*in
Srity Nanthakumar
Themen
#Medien #YouMeCon22
Sulaiman Tadmory_youmecon

Sulaiman Tadmory_youmecon

Joscha F. Westerkamp
Die meisten Medi­en­häuser appel­lieren für Viel­falt und Diver­sität, aber was steckt wirk­lich dahinter? Ein Kommentar.

Es ist nicht bestreitbar, dass sich in den vergan­genen Jahren einiges im deut­schen Jour­na­lismus getan hat. Persön­lich­keiten mit Migra­ti­ons­ge­schichte, ange­hö­rige des LGBTQ+ Spek­trums und PoC bekommen immer häufiger einen Platz in der Medi­en­welt. Klingt doch alles perfekt, was für ein Problem sollte es noch geben? – ein ziem­lich großes, denn der Schein trügt. Versteht mich nicht falsch, ich als PoC mit auslän­di­schen Wurzeln freue mich natür­lich über die vermehrte Reprä­sen­ta­tion in den Medien, aber Reprä­sen­ta­tion ist nicht alles. Wir brau­chen aktive reprä­sen­ta­tive Teil­habe.

Neben alltäg­li­chem Rassismus gibt es nämlich auch posi­tive Diskri­mi­nie­rung. Die Wörter Positiv und Diskri­mi­nie­rung neben­ein­ander zu lesen, wirken zuerst wider­sprüch­lich. Doch nach meinem Gespräch mit Sulaiman Tadmory, Jour­na­list beim NDR und STRGF, hat es mir Licht ins Dunkel gebracht. Von posi­tiver Diskri­mi­nie­rung wird dann gespro­chen, wenn Menschen aufgrund ihrer Sexua­lität, ihres Geschlechts und/​oder ihres Migra­ti­ons­be­zuges ausge­nutzt werden, um den Anschein von Diver­sität und Viel­falt zu erwe­cken. Ein Phänomen, was sich immer verstärkter im Jour­na­lismus spie­gelt.

Fehlende reprä­sen­ta­tive Diver­sität im deut­schen Jour­na­lismus – was sich ändern muss

Diver­sität sieht in Deutsch­land immer besser aus, aber es reicht nicht. Denn oft ist es in Medien so, dass ein Mensch mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund nur vor der Kamera steht“, so Sulaiman Tadmory, aber hinter den Kulissen haben fast immer weiße Menschen das letzte Wort.“ Es bedeutet, dass junge diverse Medi­en­schaf­fende des Öfteren nicht mehr als eine Mario­nette sind. Denn am Ende des Tages, sagen sie das, was der/​die Marionettenspieler*in mit seinen/​ihren Fäden bewegt. Reprä­sen­ta­tion ist mehr als das, was man auf den ersten Blick sieht. Es ist eine Frage des Betrach­tungs­win­kels: Nur weil man Diver­sität sieht, heißt es lange nicht, dass es auch tatsäch­lich divers ist.

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Sulaiman Tadmory widmete sich dem Thema Diversität in der Medienlandschaft auch in einer Doku für STRGF. Foto: Jugendpresse Deutschland e.V. /Joscha F. Westerkamp

Was wären die rich­tigen Schritte, um diesem Problem entge­gen­zu­kommen? Ich wünsche mir mehr Inter­esse für die Perspek­tiven der viel­fäl­tigen Medi­en­schaf­fenden“, sagt Tadmory, dafür müssen wir ihre Sicht­weisen in den Jour­na­lismus einbinden.“ Der Weg dorthin ist jedoch noch lang und mühsam, denn: Posi­tive Diskri­mi­nie­rung wird immer passieren.“

Hoff­nung gibt mir das Ganze nicht unbe­dingt. Es ist viel­mehr eine weitere Bestä­ti­gung für all die Erfah­rungen, die ich bereits im Jour­na­lismus gesam­melt habe. Gerade fühlt es sich noch utopisch an zu glauben, dass es eine Zukunft geben wird ohne Diskri­mi­nie­rung. Es muss in unser aller Sinne sein, insbe­son­dere in der Medi­en­welt für eine Sicht­bar­keit und Akzep­tanz diverser Lebens­rea­li­täten zu sorgen.

Dieser Beitrag ist während der YouMeCon 2022 entstanden. Sulaiman Tadmory, Jour­na­listin beim NDR, hat die Zitate Ende März frei­ge­geben.


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