Irre­füh­rende Bilder

Datum
08. November 2019
Autor*in
Karolina Kosenko
Thema
#JMT19
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Hast du schon einmal gewalt­tä­tige Bilder oder Videos per WhatsApp zuge­schickt bekommen oder bist mit solchen Inhalten auf den sozialen Netz­werken konfron­tiert worden? Hast du dich viel­leicht über­for­dert gefühlt und wuss­test nicht so recht, wie du damit umgehen sollst? Zum Anlass der Jugend­me­di­en­tage 2019 kommen­tierte die Spree­wild- und poli­ti­ko­range-Redak­teurin Karo­lina Kosenko die Wirkung von Bildern in Sozialen Medien.

Beson­ders viele Gedanken um Bilder und ihre Wirkung habe ich mir nie gemacht und auch an der Schule und an der Uni war das nie ein Thema gewesen. Im März dieses Jahres zeigte mir ein Freund ein Video von den Terror­an­schlägen in Christ­church. Er hatte es von seinen Freunden per WhatsApp zuge­schickt bekommen. Neugierig wollte ich es mir gleich ansehen. Nach wenigen Minuten bat ich ihn jedoch es wieder abzu­schalten. Ich habe mich wie ein Eindring­ling gefühlt, der unge­beten das schreck­liche Leiden der Opfer beob­achtet. Zwei Fragen kamen mir auf: Wer schickt solche Videos rum und warum hat der Atten­täter diese Videos gemacht? Im Verlauf der weiteren Recher­chen stellte ich fest, dass uns grund­le­gende Kompe­tenzen im Umgang mit Bildern in der Schule nie beigebracht worden sind. Wir analy­sieren einen Text auf seine Herkunft, auf die einge­nom­mene Perspek­tive und den Kontext. Wenn wir Bilder betrachten, gehen wir viel zu schnell davon aus, dass dieses Bild wahr ist. Das Bild ist für uns ein Augen­zeuge des Ereig­nisses. Vielen Jugend­li­chen ist gar nicht bewusst, dass auch Bilder insze­niert werden und nur eine subjek­tive und selek­tive Darstel­lung der Realität sind. Bilder und Foto­gra­fien haben ein enormes Emotio­na­li­sie­rungs­po­ten­tial. Genau darauf zielen viele Akteure ab, wenn sie bestimmte Inhalte in Umlauf bringen. Visuell vermit­telte Emotionen haben eine starke Wirkung auf den Betrachter. Studien haben fest­ge­stellt, dass Bilder viele emotio­nale und einstel­lungs­be­zo­gene Effekte haben und somit auch die öffent­liche Meinung und das Verständnis einer Nach­richt beein­flussen können. Während es das jour­na­lis­ti­sche Hand­werk verlangt, Bilder in einen Kontext zu stellen und diese auch zu erklären, werden durch das Internet, viele Bilder ohne Kontext geteilt, geliked, verbreitet und kommen­tiert. In den sozialen Medien gibt es kaum Filter oder Schutz­funk­tionen, um seriöse Bilder von unse­riösen zu unter­scheiden. Der Hype darum, Aufmerk­sam­keit zu gene­rieren und seine Freunde schnell einzu­be­ziehen, gewinnt leider viel zu oft Über­hand. Einmal in Umlauf gebracht, ist es unmög­lich, diesen Vorgang wieder rück­gängig zu machen. Das hat oft schwer­wie­gende Konse­quenzen. Zum einen werden die Wünsche und die Würde der darge­stellten Opfer und der Ange­hö­rigen nicht respek­tiert. Zum anderen passiert mit der Verbrei­tung solcher Fotos und Videos genau das, was terro­ris­ti­sche Orga­ni­sa­tionen oder auch Einzel­täter wollen: die Fotos oder Videos werden selbst zu Waffen und gene­rieren unkon­trol­liert Aufmerk­sam­keit im Netz. Gerade in der Ära der Digital Natives ist es deswegen so wichtig, ein gemein­sames Bewusst­sein für dieses Thema zu schaffen und an Schulen ein erhöhtes Augen­merk auf die Schu­lung der Bild­kom­pe­tenzen zu legen. Dadurch wird die Schule zu einer Platt­form, auf der Schüler über ihre Unsi­cher­heiten spre­chen können und bei Bedarf auch nach­fragen können, wie sie mit verstö­renden oder gewalt­tä­tigen Inhalten umgehen sollen. Der gemein­same Diskurs appel­liert auch an die eigene Verant­wor­tung mit dem Umgang von visu­ellen Inhalten im Netz. poli­ti­ko­range berichtet gemeinsam mit Spree­wild, der Jugend­re­dak­tion der Berliner Zeitung, von den Jugend­me­di­en­tagen 2019. Alle Artikel erscheinen in den kommenden Tagen hier und bei Spree­wild.

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