Wir betonen nun mehr die Inhalte

Datum
23. September 2017
Autor*in
Marcel Kupfer
Thema
#poBTW17
Foto: Privat

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In den kommenden Wochen stellt Marcel Kupfer die Wahl­pro­gramme vor. Zu jedem führt er ein Inter­view mit einem Partei­mit­glied. Diese Woche geht es um die FDP: Er fragt den FDP-Bundes­tags­kan­di­daten und Pfarrer Pascal Kober aus Reut­lingen in Baden-Würt­tem­berg zu seinen Berufen, zu der Situa­tion in Nord­korea und den Wahlen.

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FDP-Bundestagskandidaten und Pfarrer Pascal Kober spricht auf dem Reutlinger Marktplatz über seine Politik. Foto: Privat

Pascal Kober beschreibt sich in drei Sätzen: Ich bin ein sehr ruhiger Mensch. Ich habe aber feste Über­zeu­gungen, für die ich mich sehr einsetze. Also bin ich auch hart­nä­ckig.

Was hat sie 1998 in die Politik bewegt? 

Im Studium habe ich mich mit Staats­phi­lo­so­phie beschäf­tigt, also der Frage, wie ein Staats­wesen gerecht ist. Da bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass Demo­kratie die einzig gerechte Staats­form ist. Und deshalb wollte ich meinen Beitrag dazu leisten, dass die Demo­kratie erhalten wird und deshalb bin ich Mitglied einer Partei geworden. Bei der FDP, weil ich denke, dass die Gesell­schaft lebens­wert ist, wenn jeder selber etwas Verant­wor­tung über­nimmt – für sich selbst und für andere – statt nur mit dem Finger auf andere oder auf den Staat zu zeigen, wie es andere poli­ti­sche Parteien machen.

Theo­loge und Poli­tiker. Wie können Sie die Politik mit Ihrem Beruf verein­baren, gerade in Hinsicht darauf, dass Deutsch­land ein säku­lares System hat? 

Säkular bedeutet ja nicht, dass wir eine wert­freie Gesell­schaft sind. Wir erwarten, dass Poli­tiker sich auf Werte berufen. Bei mir sind es die christ­li­chen Werte. Demo­kratie bedeutet ja genau das, dass auf der Basis unter­schied­li­cher Wert­vor­stel­lungen Ideen formu­liert und gemein­same Kompro­misse gefunden werden. Es schließt sich also nicht aus.

Die FDP befür­wortet im Regie­rungs­pro­gramm die assis­tierte Selbsttötung. Können Sie als evan­ge­li­scher Pfarrer da über­haupt dahin­ter­stehen? 

Als Seel­sorger weiß ich, dass Menschen manchmal in eine Lebens­si­tua­tion kommen, wo die Lebens­kraft sie verlassen hat. Natür­lich wünsche ich mir, dass diese Menschen den Lebensmut wieder­finden. Wenn aber jemand seinen Lebens­willen verloren hat, darf er nicht vom Staat zum Leben gezwungen werden. Das ist dann frei­lich eine harte Situa­tion.

Ihrer Partei fordert Welt­beste Bildung“. Das klingt ja schonmal gut. Ihre Partei ist aller­dings auch dafür, die Studi­en­ge­bühren anzu­heben, damit die Qualität steigt. Wenn mir meine Eltern nicht doch das Studium finan­zieren können, bin ich gezwungen mich zu verschulden oder neben bei so viel zu arbeiten, dass meine Noten leiden werden. Bei höheren Gebühren: Muss ich meinen Traum vom Studium aufgeben?

Das muss auf jeden Fall verhin­dert werden, dass jemand ein Studium nicht macht, weil er es sich nicht leisten kann. Die Gebühren sollen deshalb erst nach dem Studium bezahlt werden, sobald man sein Einkommen hat. Das sind also nach­lau­fende Studi­en­ge­bühren, die sich nach dem Einkommen richten. Das Geld muss dann aber auch wirk­lich für die Verbes­se­rung der Hoch­schulen einge­setzt werden und nicht für den allge­meinen Landes­haus­halt genutzt werden.

Bei der Bundes­tags­wahl 2013 hat es die FDP nicht mehr in den Bundestag geschafft. Was macht die FDP anders als vor vier Jahren? 

Wir betonen die Inhalte, statt eine Koali­tion. Schon 2005 stand bei der FDP die Koali­tion mit der Union im Fokus und die Inhalte unseres Wahl­pro­gramms wurden zu sehr vernach­läs­sigt. Nach der Wahl 2009 waren wir dann in einer Koali­tion mit der CDU gefangen, mit der wir uns auf die Inhalte vorher nicht präzise geei­nigt hatten. Da haben wir uns aber selber rein­ma­nö­vriert. Das machen wir dieses Mal anders. Nun legen wir den Schwer­punkt wieder auf die Inhalte unseres Wahl­pro­gramms.

Für die FDP im Osten läuft es nicht so glatt. An was liegt das? 

Wir haben in den neuen Bundes­län­dern keinen so breiten Mittel­stand wie in den west­li­chen Bundes­län­dern. Das hat aus meiner Sicht mit der Geschichte der DDR zu tun. Die Markt­wirt­schaft wurde von der DDR verhin­dert und damit die Entwick­lung des Mittel­standes. Deshalb haben wir weniger Anknüp­fungs­punkte im Osten. Aller­dings sage ich das als jemand, der im Westen groß­ge­worden ist, da bewege ich mich viel­leicht auf dünnem Eis.

Wie wird die Bundes­tags­wahl allge­mein und wie wird sie für die FDP ausfallen? 

Ich bin opti­mis­tisch, dass wir mit acht Prozent plus X abschneiden werden. Es ist klar, dass Frau Merkel Bundes­kanz­lerin bleibt und die SPD die zweite Kraft. Wir streben den Platz drei an. Wir müssen verhin­dern, dass die Links­partei und vor allem die AfD, also die poli­ti­schen Extreme, dritte Kraft werden.

Auf Twitter ist die FDP der Meinung mehr Poli­zisten sorgen für Sicher­heit und nicht Para­grafen“. Wie kann das funk­tio­nieren? 

Am Beispiel von Frank­reich wird klar, dass Anschläge durch die Vorrats­da­ten­spei­che­rung nicht verhin­dert werden. Gesam­melte Daten nützen nämlich nichts, wenn keine Auswer­tung der Daten statt­finden. Dafür benö­tigt man mehr Personal und eine bessere Ausstat­tung, nicht mehr Daten oder Gesetze. Wir müssen die Sicher­heits­be­hörden deshalb besser ausstatten und sie auch besser mitein­ander vernetzen. Es darf nicht sein, dass die Polizei ihren Aufgaben nicht mehr nach­gehen kann, weil zu wenig Personal vorhanden ist.

Wie geht ihre Partei mit der derzei­tigen Situa­tion in Nord­korea um? 

Wir hoffen, dass eine diplo­ma­ti­sche Lösung gefunden wird. Letzt­lich ist Nord­korea ja nur ein Krisen­herd neben anderen, wie zum Beispiel Syrien. Kim Jong Un könnte nicht so agieren, wenn ihn nicht andere Länder unter­stützen würden. Die Probleme sind so viel­schichtig, weil es verschie­dene Inter­essen gibt. Die großen auf der Welt müssen sich poli­tisch einig werden. Wichtig ist, dass wr immer mitein­ander im Gespräch bleiben. Mit den Russen zum Beispiel nicht zu reden, ist falsch, weil wir sie zur Lösung vieler Konflikte brau­chen. Mili­tä­risch ist das Problem mit Nord­korea nicht zu lösen. Man muss auf Diplo­matie setzten und Europa, die USA, Russ­land und China müssen sich einig werden.

Was soll sich als erstes nach der Bundes­tags­wahl am 24. September verän­dern? 

Schön wäre es, wenn wir sehr rasch die finan­zi­ellen Mitteln für Bildung erhöhen könnten und der Glas­fa­ser­ausbau voran­ge­trieben werden könnte. Die Umset­zung braucht ja auch einige Zeit, da kann man also nicht früh genug anfangen.


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