Wie kann Migra­tion humaner gestaltet werden?

Datum
24. März 2019
Autor*in
Evindar Gürel
Thema
#EWLako19
Olaf Bernau, Foto: Konstantin Baur

Olaf Bernau, Foto: Konstantin Baur

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Die Flucht aus dem Heimat­land ist für viele Menschen der aller­letzte Hoff­nungs­schimmer auf ein besseres Leben. Wie können die EU und Afrika mit Migra­ti­ons­be­we­gungen umgehen? Wie können Flucht­ur­sa­chen bekämpft werden? Evindar Gürel war für euch bei der Podi­ums­dis­kus­sion Welt­Bau­stelle Migra­tion bei der Eine-Welt-Landes­kon­fe­renz in Münster dabei. 

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WeltBaustelle Migration: Olaf Bernau, Odette Caldwell, Serge Palasie, Stefanie Hilt (v.l.)/ Foto: Konstantin Baur

Der Mode­rator Serge Palasie (Eine Welt Netz) erläu­tert gleich zu Beginn, dass die Flucht nur ein Extrem­fall von Migra­tion ist und Migra­tion in verschie­denen Versionen vorkommen kann. Hierbei gibt er Beispiele aus der Geschichte, die verdeut­li­chen, dass Migra­tion die Mensch­heits­ge­schichte über­haupt ermög­licht hat. Er nimmt dabei Bezug auf die Völker­wan­de­rung des Homo Sapiens Sapiens aus Afrika in andere Regionen der Welt. In der Geschichte kamen über Jahr­hun­derte Zwangs­mi­gra­tion, Bevöl­ke­rungs­ver­schie­bungen, euro­päi­sche Kolo­ni­sie­rung und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs weitere Formen von Migra­tion dazu. Jede Form sei eine neue Heraus­for­de­rung für die jewei­ligen Regimes, betont Serge Palasie. Das zeigen auch die Beispiele der Refe­rie­renden, die sich sowohl mit den Folgen von Migra­tion als auch mit den Möglich­keiten beschäf­tigen, um Flucht­ur­sa­chen zu bekämpfen.

Seenot­ret­tung ist verpflich­tend, aber nicht die Aufnahme

Die erste Refe­rentin war Stefanie Hilt von (Sea-Watch e.V.). Sie war mehr­mals bei Seenot­ret­tungen dabei und erzählt von den zuneh­menden Schwie­rig­keiten und der fehlenden Bereit­schaft mehr zu helfen und die Seenot­ret­tung humaner zu gestalten. Sie erzählt davon, wie die Liby­sche Küsten­wache von der EU ausge­rüstet wird, um die Gewässer zu kontrol­lieren. Sie berichtet auch, dass aus der Seenot Geret­tete“ aufge­sam­melt werden und in Libyen in Camps gesteckt werden. Stefanie Hilt spricht von einem Teufels­kreis­lauf. Die EU sei sich der gewalt­samen Behand­lung der Flüch­tenden bewusst. Dies werde jedoch so hinge­nommen, weil recht­lich Seenot­ret­tung verpflichtet sei, aber nicht die Aufnahme des Geret­teten. Ebenso fehle Rück­halt in der Gesell­schaft. Wenn diese Stel­lung nehmen würde, könnte man Druck schaffen und für völker­recht­liche Ände­rungen sorgen. Für einen lang­fris­tigen humanen Umgang mit Geflüch­teten schlägt sie vor, den Grenz­schutz abzu­bauen, für eine sichere Einreise und ein faires Asyl­ver­fahren zu sorgen.

Bildung ist die größte Hilfe, um Flucht­ur­sa­chen zu bekämpfen

Wir sind Mitver­ur­sa­cher von Migra­tion in Afrika“ stellt Odette Cald­well fest. Sie ist Unesco-Botschaf­terin in Guinea und versucht, durch Zusam­men­ar­beit mit Firmen und Bildungs­an­ge­boten jungen Leute eine Perspek­tive in Afrika zu bieten, da viele aus Hoff­nungs­lo­sig­keit fliehen. Sie vertritt die Meinung, dass sich durch Alpha­be­ti­sie­rung und Bildung neue Möglich­keiten sowohl für die Menschen, als auch für die Zukunft des jewei­ligen Landes eröffnen. Die Abhän­gig­keits­ver­hält­nisse zwischen der EU und Afrika änderten sich erst durch Bildung lang­fristig. Es herr­sche ein Domi­n­anz­ef­fekt in den EU-Afrika-Bezie­hungen, der auch Druck­ef­fekt genannt werden könne, betont Odette Cald­well. Der Druck, der über die jewei­ligen Instanzen weiter­ge­geben werde, erschwere eine offene Kommu­ni­ka­tion. Odette Cald­well vertritt die Meinung, dass Bildung Afrika eine eigene Stimme geben kann, um die Abhän­gig­keit von der EU zu über­winden.

Brot­korb für West­afrika

Auch Olaf Bernau enga­giert sich mit Afrique-Europe-Interact vor Ort für die Rechte von Bauern und Bäue­rinnen, die z.B. von Land­raub betroffen sind. Land­raub bedeutet, dass Bauern und Bäue­rinnen von ihren Feldern oder von ihrem Land vertrieben werden oder, dass es so strenge Regeln gibt, dass sie früher oder später ihr Land abgeben müssen. Afrique-Europe-Interact hat in Mali eine bäuer­liche Basis­ge­werk­schaft gegründet, mit deren Hilfe sich Bauern und Bäue­rinnen orga­ni­sieren und für ihre eigenen Rechte einsetzen können. Darüber hinaus setzt sich das Netz­werk für die Rechte von Migran­tinnen und Migranten ein. Hierbei insbe­son­dere für die, die abge­schoben wurden und in ihrem Herkunfts­land mit sozialer Exklu­sion und mit Ernied­ri­gungen rechnen müssen. Sie gelten als Verlie­re­rinnen und Verlierer, die es nicht geschafft haben, nach Europa zu flüchten. Afrique-Europe-Interact unter­stützt Amo, eine Orga­ni­sa­tion, die ein Netz­werk von Abge­scho­benen für Abge­scho­bene aufbaut, um ihnen zu helfen, wieder in der Herkunfts-Gesell­schaft anzu­kommen. Die Podi­ums­dis­kus­sion kam zu der Erkenntnis, dass Bemü­hungen auf beiden Seiten in den EU-Afrika-Bezie­hungen nötig seien, um lang­fristig für Verbes­se­rungen in Herkunfts­län­dern und faire Asyl­ver­fahren sowie eine huma­nere Behand­lung in den Aufnah­me­län­dern zu sorgen. Stefanie Hilt betonte, dass es dabei nichts bringe, die EU für alles verant­wort­lich zu machen. Beide Seiten sollten für faire und humane Verhält­nisse sorgen.


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