Über­le­bens­kampf 2.0

Datum
08. Mai 2016
Autor*in
Lisbeth Schröder
Thema
#re:publica 2016
Schrott

Schrott

Ein einsamer Wald in Sibi­rien: Kein Strom, kein Internet – und wir wären verloren. Wie wird nochmal ein Feuer entfacht? Mit dem Smart­phone! Und wie werden wilde Tiere gefangen? Na, mit einem Laptop-Lade­kabel! Wie wir Technik auch analog nutzen können, um zu über­leben, zeigte der wohl nicht ganz ernst gemeinte Survi­val­kurs“ auf der re:publica.

Dort liegen sie – sechs abge­trennte Auto­schei­ben­wi­scher. Das Gummi­band wird abge­zogen, die Plas­tik­hülle entfernt. Es erscheinen silberne Stangen, 20 Zenti­meter lang. Sie werden mit der Zange gebogen bis sie ein S“ ergeben. Schon ist das Mate­rial zum Schlösser aufkna­cken geschaffen. Die re:publica besteht eben nicht nur aus Diskus­si­ons­runden mit Medi­en­schaf­fenden, Unter­neh­mern, Poli­ti­kern, Experten und Promis. Die Aben­teurer infil­trieren immerhin am Rande die Messe. Nicht einmal im analogen Programm­heft, dafür aber im Internet stand der Work­shop zur Über­le­bens­hilfe mit digi­talen Mitteln. Sokratis Zachar­o­polos ist einer der Initia­toren des Work­shops. Die Kunst der Schlös­ser­kna­ckens lernte er bei Haus­be­set­zungen. Es helfe ihm aber auch, wenn er sich selber ausschließen würde. Und wenn wir – mal so ganz theo­re­tisch – mit einem Auto stehen geblieben wären und wir zusätz­lich ein leeres, abge­schlos­senes Haus gefunden hätten, wäre unsere Vorrich­tung sicher eben­falls hilf­reich gewesen. Alle Teil­neh­menden schaffen es, das Schloss zu knacken. Dazu hilft es, die Stifte zu hören, die beim Öffnen einrasten. Viele sitzen mit dem Schloss am Ohr und schweigen. So ein Seminar ist wie ein Häkel­kurs. Das Geräusch ist ähnlich und alle sind hoch­kon­zen­triert“, kommen­tiert Zachar­opoulos das Geschehen.

Werk­zeuge aus Elek­tro­schrott

Das Innen­leben der Handys und eines alten Laptops lassen sich weiter viel­seitig verwenden: Ein Teil­nehmer entfacht mit einem Hand­y­akku, Stahl­wolle und Tampon ein Feuer. Ein anderer baut aus der Metall­platte eines Laptops und einer Stange einen Speer. Auch Glas kann genutzt werden, um es zu einem Messer umzu­funk­tio­nieren. Dazu zerstü­ckelt jemand ein altes Über­set­zungs­gerät und zerdrückt das Display bis sich eine scharfe Kante heraus­löst. Die Lade­kabel der Handys können Tiere stran­gu­lieren, erklärt ein Work­shop-Helfer. Kupfer aus dem Laptop wirke Keim­ab­tö­tend, dies könne vor allem bei der Zube­rei­tung des Essens wert­voll sein. Wir können heute Werk­zeuge aus Digi­talem kreieren“, sagt die Initia­torin des Work­shops, Karina Fiss­guss. Heute müssen wir nicht mehr durch Holz Reibung erzeugen, um ein Feuer zu erzeugen. Dafür können wir auch ein Smart­phone nutzen.“

Doch es sollten nicht nur Geräte ausein­ander gebaut werden: Wie kommen wir im Wald eigent­lich ins Internet?“ war eine der Fragen, denen sich laut Inter­net­seite im Work­shop gestellt werden sollte. Leider wurde diese Frage nicht ausrei­chend beant­wortet. Insge­samt ging es mehr um die analoge als um die digi­tale Nutzung der Geräte. Also im Notfall: Das Handy verzwei­felt gegen den Boden werfen und anfangen, den Akku zu erhitzen.

Foto: Julian Beger/​www​.jugend​fotos​.de, CC-Lizenz(by-nc)


Empfohlene Beiträge

Artikel

Let’s get started

Henrik Nürnberger

Artikel

Die Misere mit Studio71

Philine Ludwig

Artikel

Vormarsch des Pseu­do­jour­na­lismus

Lisbeth Schröder

Artikel

Bei Anruf Snowden

Henrik Nürnberger