Start­schuss für eine neue Jugend­po­litik?!

Datum
08. Dezember 2019
Autor*in
Camilla Pahmeyer
Thema
#Jugendstrategie19
Junge Menschen sitzen in einem Raum und diskutieren.

Junge Menschen sitzen in einem Raum und diskutieren.

Foto: Sascha Kemper

Mit der Jugend­stra­tegie beschloss das Kabi­nett etwas noch nie da Gewe­senes. Zum ersten Mal wurden von der Bundes­re­gie­rung Empfeh­lungen erar­beitet, die dazu dient junge Menschen stärker in poli­ti­sche Prozesse einzu­binden. Kommt jetzt die Revo­lu­tion in der Jugend­po­litik? Das hat sich Camilla Pahmeyer gefragt. 

So jung war der inter­na­tio­nale Konfe­renz­raum im Kanz­leramt noch nie: rund 120 Jugend­liche und junge Erwach­sene waren vor Ort, als Kanz­lerin Angela Merkel und Jugend-Minis­terin Fran­ziska Giffey am Dienstag die Jugend­stra­tegie der Bundes­re­gie­rung vorstellten. Diese war zuvor im Kabi­nett offi­ziell beschlossen worden. Große Teile der jungen Menschen waren am Entste­hungs­pro­zess der Stra­tegie betei­ligt: bei den Jugend­Po­li­tik­Tagen im Mai dieses Jahres erar­bei­teten sie konkrete Empfeh­lungen an die Jugend­stra­tegie der Bundes­re­gie­rung.

Ziel der Bundes­re­gie­rung ist, Jugend sichtbar zu machen und ihnen eine Platt­form für mehr Möglich­keiten zur Betei­li­gung zu bieten. Denn alle Minis­te­rien stehen in der Verant­wor­tung, die Auswir­kungen ihres poli­ti­schen Handelns auf junge Menschen zu beachten“, so die Bundes­re­gie­rung.

Jetzt soll die Jugend handeln

Von Seiten des Bundes­mi­nis­te­riums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) heißt es: Wir nehmen junge Menschen ernst und ermög­li­chen ihnen wirk­same Mitspra­che­mög­lich­keiten, wenn sie betroffen sind.“ Wie wirksam diese in Zukunft sind, das werden die kommenden Monate zeigen. Zwar wird immer wieder betont, dass die jungen Menschen selbst die Jugend­stra­tegie mitent­wi­ckelten und ein wich­tiger Teil des Entste­hungs­pro­zesses waren. Dabei beschreibt ein Teil der 163 Maßnahmen nur, was bereits in der Vergan­gen­heit umge­setzt wurde. Umso wich­tiger ist daher die Über­le­gung, wie nun der andere Teil dieser Maßnahmen konkret umge­setzt werden kann. Merkel zufolge sei es nun an den jungen Menschen, diese Maßnahmen mit Leben zu füllen.

Von Seiten der Teil­neh­menden wird gleich­zeitig Kritik an diesem Prozess geübt. Es wird bemän­gelt, auf eins­tige Forde­rungen ihrer­seits sei zu unkon­kret einge­gangen, manche fehlen ganz. Und die Anliegen, die über­nommen wurden, seien weich­ge­spült“ und könnten daher kaum mehr als Forde­rung ange­sehen werden. Felix Alshut aus Karls­ruhe sieht die Jugend­stra­tegie als einen guten Schritt in die rich­tige Rich­tung“. Jedoch hofft der 22-jährige, dass da in Zukunft noch mehr kommt.“ Mit dieser Meinung steht er nicht allein da. 163 Maßnahmen, das ist ein ganz ordent­li­ches Bündel, aber das sollte wirk­lich nur der Start­schuss sein“, sagt auch die 19-jährige Anne Sophie Spieler aus Heidel­berg. So wird deut­lich, dass man zwar froh über eine Jugend­stra­tegie ist, der Prozess für mehr Jugend­be­tei­li­gung mit diesem Beschluss für sie jedoch erst beginnt.

Neuer Diskus­si­ons­pro­zess für 2020 geplant

Eine drei­tä­gige Bundes­ju­gend­kon­fe­renz im Sommer 2020 ist der Vorschlag der Bundes­re­gie­rung, den Diskus­si­ons­pro­zess fort­zu­führen. Einmal im Jahr soll nun eine solche Veran­stal­tung auf Bundes­ebene statt­finden. Abge­sehen davon wird Jugend­po­litik auf kommu­naler Ebene mit dem Programm Starke Kinder- und Jugend­par­la­mente“ geför­dert. Die Frage ist jedoch, ob drei Tage im Jahr ausrei­chend sind für eine verant­wort­liche Jugend­po­litik auf Bundes­ebene. Zwar hat sich die Bundes­re­gie­rung mit der Jugend­stra­tegie dazu verpflichtet, im Inter­esse der Jugend zu handeln.“ Doch wer über­prüft, ob künf­tige poli­ti­sche Entschei­dungen der Bundes­re­gie­rung wirk­lich den Bedürf­nissen der Jugend entspre­chen?

Jugend­po­litik auf Augen­höhe

Ein tapferer Schritt in Rich­tung progres­sive Jugend­po­litik wäre, die jungen Menschen nicht nur passiv durch deren Empfeh­lungen an die Jugend­stra­tegie zu betei­ligen, sondern ihnen statt­dessen eine Platt­form zu bieten, sich aktiv mit den jugend­re­le­vanten Entschei­dungen der Minis­te­rien ausein­an­der­zu­setzen. So werden jugend­re­le­vante bundes­po­li­ti­sche Entschei­dungen trans­pa­renter, und die Betei­li­gung junger Menschen höher. Denn mit den Empfeh­lungen an die Jugend­stra­tegie haben die jungen Menschen bewiesen, demo­kra­tisch und verant­wor­tungs­voll in ihrer Rolle realis­ti­sche Vorschläge für die Erar­bei­tung der Jugend­stra­tegie zu entwi­ckeln.

Die Jugend­li­chen und jungen Erwach­senen finden in ihrem State­ment dazu klare Worte: Wir müssen betei­ligt werden, wir müssen gehört werden. Wenn sich junge Menschen poli­tisch enga­gieren, dann hört ihnen zu! Hört auf ihre Meinung und wert­schätzt diese.“ Denn, so fordern sie, Jugend­po­litik sollte immer auf Augen­höhe geschehen. Wenn Merkel zu den 100 jungen Menschen sagt, boxt euch durch und lasst euch nicht unter­kriegen,“ dann mag das in manchen Ohren zynisch klingen. Doch lassen ihre Worte auch die Hoff­nung auf mehr. Denn, so die Bundes­kanz­lerin: Wir sind bereit zum Dialog.“


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