Klima-Dilemma: Bus- und Bahn­fahren muss sich endlich lohnen

Datum
09. Mai 2021
Autor*in
Pia Senkel
Themen
#JPT21 #Klima
Foto19_Jugendpresse Deutschland_Finja.Pollen

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Um die Klima­ziele zu errei­chen, müssen die CO₂-Emis­sionen durch das neue Klima­schutz­ge­setz dras­ti­scher gesenkt werden. Zeit, dass sich im Auto­land mal etwas bewegt. Ein Kommentar von Pia Senkel.

Das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt hat am 29. April 2021 entschieden, dass auch die jüngeren Gene­ra­tionen ein Recht auf eine zukünf­tige Frei­heits­ent­fal­tung haben, ohne dass sie nach 2030 ihre Frei­heiten radikal und ersatzlos beschneiden“ müssen. Um dem Urteil und dem 1,5 Grad Ziel des Pariser Klima­ab­kom­mens gerecht zu werden, muss das neue Klima­schutz­ge­setz – das in der dritten Maiwoche beschlossen werden soll – die CO₂-Emis­sionen dras­ti­scher senken. Hier sollte unter anderem das Thema Mobi­lität im Mittel­punkt stehen. Mobi­lität ist ein wich­tiger Punkt, wenn es um Frei­heit geht. Es ist kein Geheimnis, dass Benziner und Diesel­fahr­zeuge schlecht für das Klima sind. Dennoch ist das Argu­ment jeder solle zu Fuß zum Super­markt, mit dem Fahrrad zur Arbeit oder mit dem Zug in den Urlaub fahren“, zu kurz gedacht. Dafür braucht es zunächst die entspre­chende Infra­struktur. Hier hat die Bundes­re­gie­rung nicht erst seit dem Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts Nach­hol­be­darf.

Bisher gibt es keine echte Alter­na­tive zum Auto

Seit Jahren ist die Deut­sche Bahn bekannt für ihre Verspä­tungen. Gleich­zeitig sind die Ticket­preise hoch und die Verbin­dungen, beson­ders in klei­nere Städte, umständ­lich. In länd­li­chen Regionen kann man an einer Hand abzählen, wie oft der Bus täglich kommt und nach 18 Uhr fährt sowieso keiner mehr.

Um öffent­liche Verkehrs­mittel attrak­tiver zu machen, müssen Bus und Bahn zuver­lässig, bezahlbar und flächen­de­ckend zur Verfü­gung stehen. Die Deut­sche Bahn sollte ihre Preise für den Fern­ver­kehr trans­pa­rent gestalten, sie nicht scheinbar will­kür­lich senken und anheben und erst recht nicht die Sprit­preise über­bieten. Das Gleiche gilt für regio­nale Verkehrs­ver­bünde, wenn die Innen­städte insbe­son­dere großer Städte in naher Zukunft auto­frei sein sollen. Bisher erscheint die Beprei­sung häufig wie ein Glücks­spiel. Dass man öffent­liche Verkehrs­mittel auch komplett umsonst anbieten kann, beweist unser euro­päi­scher Nachbar Luxem­burg.

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Autofreie Innenstädte werden nur dann möglich sein, wenn das Bus- und Bahnfahren für alle Menschen zugänglich und bezahlbar ist. Foto: Jugendpresse Deutschland/ Finja Pollen

Elek­tro­mo­bi­lität anspre­chender machen

Außerdem muss Elek­tro­mo­bi­lität geför­dert, in entspre­chende Lade­mög­lich­keiten inves­tiert und mehr Geld in die Forschung gesteckt werden, damit der Verbren­nungs­motor bald von den Straßen verschwindet. Norwegen zeigt, dass das möglich ist: Mehr als 50 Prozent der zuge­las­senen Fahr­zeuge sind bereits E‑Autos und ab 2025 werden keine neuen Verbrenner mehr zuge­lassen. Gleich­zeitig findet man alle 50 Kilo­meter zwei Lade­sta­tionen, sodass Autofahrer*innen nicht mehr fürchten müssen, dass auf halber Strecke die Batterie leer ist. Noch attrak­tiver wird E‑Mobilität mit Anreizen wie kosten­losen Park­plätzen, Steu­er­erleich­te­rungen oder der Erlas­sung von Maut­ge­bühren.

Zeit für nach­hal­tige Verän­de­rungen

Aber solange das Auto mit Verbren­nungs­motor güns­tiger, prak­ti­scher und zuver­läs­siger ist, wird sich das Verhalten der Menschen im Verkehr nicht ändern. Daher braucht es klima­neu­trale Busse, Bahnen und Elek­tro­fahr­zeuge, mit denen man dieselben Ziele mindes­tens genauso spontan, schnell und einfach errei­chen kann. Hier muss die Regie­rung endlich mehr Geld in die Hand nehmen, um lang­fris­tige, wirt­schaft­lich nach­hal­tige Stra­te­gien für einen emis­si­ons­freien Mobi­li­täts­sektor umzu­setzen.

Der Klima­wandel betrifft uns alle, daher steht auch jeder mit seinem indi­vi­du­ellen Verhalten in der Verant­wor­tung. Aus der Sicht einer Volon­tärin, die seit vielen Jahren mit den Preisen und Unan­nehm­lich­keiten der Bahn zu kämpfen hat, kann ich sagen: Auch wenn der Wille groß ist, mehr umwelt­freund­liche Alter­na­tiven zu nutzen, erscheint das Auto mit jeder Bahn­fahrt attrak­tiver – und ich kann verstehen, wenn man noch lange an umwelt­schäd­li­chen Vari­anten fest­hält, bis für E‑Mobilität und das Bus- und Bahn­fahren eine bessere Infra­struktur geschaffen wurde.