Klein­partei: Jugend- und Entwick­lungs­partei Deutsch­lands 

Datum
23. September 2017
Autor*in
Zita Hille
Thema
#poBTW17
Lukas Ostermann Foto: JED

Lukas Ostermann Foto: JED

In Deutsch­land gibt es mehr als vierzig Parteien. Ein paar der klei­neren Parteien hat sich die politikorange-Redak­tion näher Ange­schaut. Zita Hille hat mit Lukas Oster­mann von Jugend- und Entwick­lungs­partei Deutsch­lands ” über seine Partei gespro­chen.

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Die Jugend- und Entwicklungspartei Deutschlands ist kaum ein halbes Jahre alt. Foto: JED

In unserer Reihe der Klein­par­tein steht diesmal eine Partei im Fokus: Die Jugend- und Entwick­lungs­partei Deutsch­lands (JED). Haupt­säch­lich Jugend­liche sind Mitglied und wollen sicher­stellen, dass die Zukunft ihrer Gene­ra­tion nicht nur von Menschen gestaltet wird, die die Konse­quenzen dieser Politik nicht mehr ausbaden“ müssen werden.

Der Bundes­par­tei­vor­sit­zende Lukas Oster­mann erzählte Zita Hille von seinen Erfah­rungen in eine der wort­wört­lich jüngsten Parteien Deutsch­lands.

Grün­dung: JED wurde am 17. Februar 2017 von Till Müller und Lukas Oster­mann – mitten in der Abitur­phase.

Philo­so­phie: Links­li­be­rale Politik nach dem Motto Anpa­cken statt Zusehen“, wobei kein Extre­mismus und Rassismus, sowohl von rechter als auch von linker Seite geduldet werden soll.

Mitglie­der­an­zahl: 70 in sieben Bundes­staaten (Stand September 2017)

Durch­schnitts­alter: 21,4 Jahre (Stand: Juli 2017)

Ergebnis der letzten Bundes­tags­wahlen: -

Vorsit­zender: Lukas Oster­mann, Till Müller

Inter­view mit Lukas Oster­mann, 18, Bundes­par­tei­vor­sit­zender der JED 

Warum lohnt es sich für Dich, in einer Partei aktiv zu sein, die 2017 nicht in den Bundestag eintreten wird? 

Es lohnt sich, weil wir für etwas eintreten, das größer ist als wir. Wir versu­chen junge Menschen in die Politik mit einzu­binden und dafür zu begeis­tern. Uns ist bewusst, dass das nicht direkt Erfolg haben kann und wir geduldig sein müssen. Wir wurden vom Bundes­wahl­aus­schuss zuge­lassen, hätten aber nur in Nord­rhein-West­falen teil­nehmen können, da das bis jetzt unser einziger Landes­ver­band ist. Die nötigen Unter­schriften zu bekommen war dann in der kurzen Zeit nicht mehr so realis­tisch, deswegen entschlossen wir uns, uns dieses Wahl­jahr von der Bundes­tags­wahl zurück­zu­ziehen und unsere Ressourcen statt­dessen partei­in­tern zu nutzen. Bis zu den nächsten Bundes­tags­wahlen wollen wir die Zeit nutzen, um die Partei stärker zu machen. Wir haben jetzt quasi eine Art Vorlauf­zeit.

Warum bist Du in einer kleinen Partei aktiv, statt in eine große einzu­treten und diese auf den Kopf zu stellen? 

Wir hatten vor der Grün­dung natür­lich über­legt, in eine Partei einzu­treten. Aber keine hat uns vom Inhalt her wirk­lich über­zeugt. Außerdem glaube ich, dass man mit 18 Jahren nicht wirk­lich ernst und so wahr­ge­nommen werden würde. Also auch nichts ändern könnte. Bis man etwas erreicht hätte, wer man zu der Art von Poli­tiker geworden, die man früher gehasst hat. Deshalb haben wir gedacht, dass meckern nichts bringt und wollten statt­dessen etwas tun.

Was hältst Du von der Fünf-Prozent-Hürde? 

Ich persön­lich halte sie für sehr sinn­voll. Sie verhin­dert die totale Zersplit­te­rung des Parla­ments. Ich finde, es muss ein gewisses Maß an Hürde zum Einzug in Parla­mente geben. Ohne die Hürde würden auch Parteien wie die Rechte in den Bundestag einziehen. Bei der Euro­pa­wahl gibt es die FFünf-Prozent-Hürde nicht, was ich da wiederum auch gut finde.

Ange­nommen, Deine Partei kommt in den Bundestag: Mit welchen Parteien könn­test Du Dir eine Koali­tion vorstellen? 

Ganz schwierig aber inhalt­lich wären wir vermut­lich der SPD am nächsten. Die CDU zum Beispiel auf keinen Fall. Die ist ja sehr konser­vativ und entspricht nicht unserem Profil. Danach kämen dann eher die Grünen und Linken.

.... Foto: JED

Lukas Ostermann (links) und Till Müller (rechts) sind die Gründer der JED. Foto: JED

Wie kommt man darauf, mit 18 eine Partei zu gründen? 

Mein Kollege Till Müller und ich waren auf der selben Schule. Als wir 18 wurden, haben wir uns zusam­men­ge­setzt, um zu entscheiden, welche Partei wir unter­stützen wollen. Inhalt­lich hat uns keine Partei zuge­sagt. Till hat dann mehr aus Spaß gesagt, dass man ja eigent­lich eine eigene Partei gründen müsste. Ich hab mich gefragt, ja, warum eigent­lich nicht? Warum machen das keine Jugend­li­chen? Und so wurde die Grund­idee geboren. Schnell haben sich viele aus unserem Bekann­ten­kreis ange­schlossen, weil sie von der Idee sehr begeis­tert waren. Jetzt sind wir mit gut 70 Mitglie­dern in sieben Bundes­län­dern aufge­stellt.

Was machen Partei­gründer wie Ihr privat? 

Ich persön­lich fange jetzt im Winter­se­mester ein Infor­matik-Studium in Pader­born an. Till wird bald in Heidel­berg studieren. Wir sind also auch nur ganz normale Jugend­liche, die versu­chen, irgendwie ihre beruf­liche Lauf­bahn aufzu­bauen und zu gestalten.

Wie sieht es mit Euren Finanzen aus – woher kommen sie und für was setzt Ihr sie ein? 

Haupt­säch­lich finan­zieren wir uns durch unseren Mitglie­der­bei­trag. Der liegt bei uns bei mindes­tens 3 Euro. Das liegt daran, das man bei uns ja schon ab 14 Jahren einsteigen kann und man in dem Alter trotz geringer Finanzen die Möglich­keit haben soll, in unserer Partei mitzu­wirken. Aller­dings reichen das momentan noch für kaum etwas, höchs­tens dafür, mal ein paar Flyer zu drucken. Wir hoffen natür­lich, dass sich das mit der wach­senden Mitglie­der­zahl ändert oder dass wir in Zukunft auch noch mehr Spenden einsam­meln können. Aber momentan lebt die Partei von dem Enga­ge­ment anderer Leute. Auch unsere Mitglieder machen das alles ehren­amt­lich.

Das Durch­schnitts­alter der JED liegt bei 21,4 Jahren. Woran liegt das? 

Ich glaube, dass die poli­ti­sche Meinung der jungen Gene­ra­tion sehr ähnlich ist, zumin­dest in den meisten Dingen. So bündeln wir das Inter­essen der Jugend. Oft bekommen wir Anrufe, in denen uns von beispiels­weise Wahl-O-Mat-Teil­neh­mern berichtet wird, dass unsere Partei wirk­lich Punkt für Punkt dem entspricht, was Menschen in unserem Alter fordern. Wir haben auch das Grund­prinzip der Partei als Konstrukt neu defi­niert. Am 25. September zum Beispiel führen wir ein Supporter-Programm ein. Eine Platt­form für Jugend­liche, Politik zu machen, ohne Mitglied in einer Partei zu sein. Unser jüngstes Mitglied ist 14, denn ab 14 kann man Mitglied werden. Unser ältester ist 57.

Kritiker der JED zwei­feln Eure Glaub­haf­tig­keit an und sehen in der Partei­füh­rung nicht die Erfah­rung, die poli­ti­sche Kräfte bräuchten.

Das stimmt. Ich bin total uner­fahren und habe keine Ahnung von Politik und ich habe auch keine Ahnung davon, wie man ein Land führen soll. Das hat aber keiner von uns. Ich glaube, dass das auch ein großer Vorteil sein kann. Unver­braucht und unvor­ein­ge­nommen in die Politik zu gehen finde ich besser, als wenn man schon seit 30 Jahren im Bundestag sitzt, einsam auf seine eigene Meinung beruht und für nichts neues mehr offen ist. Das ist bei weitem schlimmer ist, als wenn junge Menschen mal Mitspra­che­recht in der Politik hätten und diese neu beleben und dadurch auch Verant­wor­tung in der Gesell­schaft tragen würden. Wir wollen bei der Euro­pa­wahl 2019 teil­nehmen und ein paar Sitze ergat­tern. Eben weil es dort ja keine Fünf-Prozent-Hürde gibt. An den Bundes­tags­wahlen 2021 wollen wir dann auch teil­nehmen, bis dahin in jedem Bundes­land vertreten sein und mindes­tens einen Prozent errei­chen.

Ihr steht für die Erhö­hung des Arbeits­lo­sen­geldes II., solange auch eine sinn­volle Weiter­bil­dung gewähr­leistet ist und sie bereit sind alle Vorraus­set­zungen zu erfüllen. Immer wieder hört man, das ein Teil der Hartz IV-Empfänger nicht bereit sei, über­haupt arbeiten zu gehen und den Staat ausnützen. Mit Hartz IV verdient man immerhin so viel, wie im Durch­schnitt bei einem Minijob. Mit einer Erhö­hung, könnte dieses Phänomen auch steigen. Wie geht Ihr damit um?

Ich glaube, dass das Problem tatsäch­lich ein viel grund­le­gen­deres ist. Wenn im Internet Leute belei­digt werden, gibt es zwei Pole, die dafür verant­wort­lich gemacht werden können. Das Internet, weil es dem Belei­di­genden eine Platt­form gegeben hat oder dem Menschen, der belei­digt. Ich persön­lich finde, dass der Fehler hier am Menschen liegt und nicht beim System. Systeme können immer miss­braucht werden. So ist das auch beim Arbeits­lo­sen­geld. Die Frage hier ist eher, wie man die Anzahl der Leute mini­mieren kann und sie dazu animiert, arbeiten zu gehen. Darin müsste man die Arbeit stecken. Ich finde es nicht gut, Leuten Arbeit aufzu­zwingen, wenn sie wirk­lich nicht arbeiten gehen möchten. Den Miss­brauch kann man nicht verhin­dern. In unserem Partei­pro­gramm steht, dass wir das Arbeits­lo­sen­geld erhöhen wollen, wenn Weiter­bil­dungs­maß­nahmen wie zum Beispiel der Besuch einer Abend­schule in Anspruch genommen werden könnten. Auch dann wird es Miss­bräuche geben. Trotzdem wird es viele Leute geben, die sich dadurch aufraffen werden und doch arbeiten gehen werden, viel­leicht sogar einen Abschluss machen werden und was für sich mitnehmen können. Der Staat soll nicht krampf­haft etwas einreden, sondern Anreize schaffen.

Wie steht Ihr zur poli­ti­schen Lage in der Türkei? 

Heikles Thema. Grund­sätz­lich ist es natür­lich fatal, dass so jemand wie Erdogan an der Macht ist. Ein Land wie die Türkei ist jetzt noch nicht in der Lage, in die EU einzu­treten, das ist klar. Ich finde es ein biss­chen schade, dass sich die Bundes­re­gie­rung einlullen lässt. Das Volk hat ja Erdogan gewählt und zu ihrem Vertreter gemacht, jetzt mal abge­sehen von der Frage, ob das wirk­lich gerechte Wahlen waren. Aber das zeigt, dass die Türkei noch nicht in der Lage ist, eine Demo­kratie so zu leben, wie wir das hier in Deutsch­land oder auch in den meisten Teilen Europas tun, dass sie nicht wissen, dass das über­haupt funk­tio­niert. Deshalb wäre mein Vorschlag, abzu­warten und sich ein wenig zu distan­zieren, bis sie bereit sind für eine vernünf­tige Demo­kratie. Viel ändern kann man da momentan leider nicht. Wir können ja auch nicht mit der Bundes­wehr einfach einmar­schieren und das Land einnehmen.

Wie steht Ihr zur poli­ti­schen Lage in den USA

In den USA ist das ja nochmal ein biss­chen anders als in der Türkei. Von der abso­luten Stim­men­an­zahl her hätte Clinton gewinnen müssen. Nur auf Grund des Systems, das sie ja dort haben, hat Trump gewonnen. Das finde ich ein biss­chen schade, weil das für mich keine Demo­kratie mehr ist, sondern eine unge­rechte Gewichts­ver­tei­lung. Aber auch hier können wir das nicht mehr ändern, sondern müssen aus der Situa­tion das Beste machen. Ehrlich gesagt hatte ich noch viel schlim­mere Erwar­tungen, als Trump gewählt wurde, die zum Glück nicht alle einge­troffen sind. Deutsch­lands Aufgabe wäre es trotz allem die Freund­schafts­be­zie­hung mit den USA aufrecht zu erhalten. Wir müssen auch hier eher abwarten und darauf setzen, dass die Ameri­kaner erkennen, dass nach Trumps Amts­zeit jemand neues kommen muss.


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