Jugend­ge­recht – gibt es dafür ein Rezept?

Datum
26. September 2018
Autor*in
Ann-Marlen Hoolt
Thema
#Jugendstrategie19
rezept_jugendgerecht

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Jede Kommune ist anders“. Überall gibt es andere Entschei­dende, andere finan­zi­elle Bedin­gungen, andere Infra­struk­turen. Das berichtet Anna Grebe von der Koor­di­nie­rungs­stelle für eine jugend­ge­rechte Gesell­schaft im Forum Gelin­gens­be­din­gungen für eine Jugend­ge­rechte Politik“: Ich höre den Satz oft als Ausrede oder Entschul­di­gung dafür, dass Verän­de­rungs­im­pulse nicht umge­setzt werden können“. Die Frage ist nämlich: Wenn alle Kommunen anders sind, wie kann dann trotzdem eine gemein­same Stra­tegie für jugend­ori­en­tierte Politik entwi­ckelt werden?

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Die Aktiven der 16 Referenzkommunen werden beim Jugenpolitischen Abend im BMFSFJ geehrt. Foto: cvb

Die Koor­di­nie­rungs­stelle für eine jugend­ge­rechte Politik hat in den vergan­genen drei Jahren gemeinsam mit 16 soge­nannten Refe­ren­zen­kom­munen versucht, genau diese Frage zu beant­worten. Jede der Städte und Land­kreise hat eigene Weichen und Grund­lagen dafür gelegt, dass Jugend­liche Teil des poli­ti­schen Prozesses werden. Entstanden sind 16 indi­vi­du­elle Stra­te­gien (denn jede Kommune ist ja anders – da ist dieser Satz wieder). Im Austausch konnten die Kommunen aller­dings auch vonein­ander lernen. Grund­sätze, die auf der Hand liegen Aus diesem Austausch hat die Koor­di­nie­rungs­stelle 16 Gelin­gens­be­din­gungen für eine funk­tio­nie­rende Politik von, für und mit Jugend­li­chen formu­liert. So zum Beispiel: Jugend­ge­rechte Politik braucht finan­zi­elle Unter­stüt­zung, sie braucht eine posi­tive Einstel­lung gegen­über Jugend­themen. Diese Themen müssen in kommu­nalen Struk­turen veran­kert, koor­di­niert und gemeinsam durch viele Entschei­dungs­stellen ange­gangen werden. Viele dieser Punkte sollten eigent­lich auf der Hand liegen. Das zeigt: In vielen Gemeinden Deutsch­lands spielen Jugend­liche noch immer eine unter­ge­ord­nete Rolle. Lukas Nusser, einer der jugend­li­chen Vertre­te­rinnen und Vertreter, die an der eintä­gigen Konfe­renz nur für Jugend­liche teil­nahmen, erzählt von seiner Heimat­ge­meinde, die alle Jugend­li­chen per Brief formell zum Jugend­forum geladen hatte: Da stand nur Einla­dung zum Jugend­forum‘“. Keiner von uns wusste, was das ist – niemand ist gekommen. Das ist nicht jugend­ge­recht.“ Lukas berichtet auch, dass die Veran­stal­tung während der Schul­fe­rien statt­fand, während alle anderen im Urlaub waren, und dass an dem betref­fenden Samstag keine Busse ins Umland fuhren. Wenn die Kommune ihre Jugend­li­chen nicht kennt, dann bringt das weder Politik noch Jugend weiter“, stellt er fest. Feste Struk­turen – ohne Gelder Die Koor­di­nie­rungs­stelle möchte an genau solchen Reibungs­punkten den Dialog zwischen Jugend und Politik anregen. Dafür sollen feste Struk­turen entwi­ckelt werden, die lang­fristig bestand haben. Für das Projekt bekommen die Refe­renz­kom­munen daher nur wenig finan­zi­elle Zuschüsse. Es ist immer leicht zu sagen, dass eine Kommune ja jugend­ge­rechter werden könnte, wenn nur mehr Geld rein­ge­pumpt würde“, sagt Anna Grebe. Wir wollten aber Prozesse anzu­stoßen, die nicht an kurz­fris­tigen Projekt­mit­teln hängen. Die Kommunen werden dann an vielen Stellen auf sich selbst zurück­ge­worfen.“ Und was ist mit dem Rest von Deutsch­land?
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Anna Grebe und Nils Rusche von der Koordinierungsstelle Handeln für eine jugendgerechte Gesellschaft beklatschen die Aktiven der Referenzkommunen. Foto: cvb

Dass die Gelin­gens­be­din­gungen nicht das Zauber­re­zept für eine jugend­ori­en­tierte Kommu­nal­po­litik sind, weiß auch Anna Grebe: Es gibt nicht den einen Weg, es gibt auch nicht 16 Wege, wahr­schein­lich gibt es Tausende. Aber die Erfah­rungen aus dem Prozess geben neue Impulse und Anre­gungen. Und sie können anderen Kommunen eine Grund­lage sein. Genau das ist nötig, denn die 16 Refe­renz­kom­munen sind zwar ein erster Schritt, fallen im deutsch­land­weiten Bild aller­dings nur wenig ins Gewicht. Als Refe­renz­kom­munen stoßen sie im Schnee­ball­system hoffent­lich auch Verän­de­rungen in weiteren Städten an. Viele Vertre­te­rinnen und Vertreter von Jugend­ar­beit und Verwal­tung sitzen im Semi­nar­raum in der Mälzerei, um neue Impulse in die heimat­liche Jugend­po­litik zu tragen. Ein Austausch mit den wenigen jungen Leuten im Forum kommt nicht zustande. Das ist schade, denn die Diskus­si­ons­teil­neh­menden betonen an diesem Nach­mittag mehr­mals, dass die besten Impulse für die Bedürf­nisse junger Leuten von ihnen selbst stammen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Vertre­te­rinnen und Vertreter aus Verwal­tung und Politik wenigstes in ihren Heimat­kom­munen auch mit den Jugend­li­chen spre­chen.

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