Fort­schritt­liche Ideen bezüg­lich Parti­zi­pa­tion – Fehl­an­zeige

Datum
13. März 2019
Autor*in
Niklas Thoms
Thema
#EPjugendforum 2019
Interview 2

Interview 2

Fabian Gram­ling gehört noch zu den jungen Abge­ord­neten in der CDU-Land­tags­frak­tion von Baden-Würt­tem­berg. Mit ihm sprach Niklas Thoms über Jugend­par­ti­zi­pa­tion, aber auch über Ideen zur Parität. Konkrete Antworten gab es darauf nur selten. 

Interview 1

politikorange-Redaktionsleiter Niklas Thoms traf Fabian Gramling (CDU) am Rande des #EPjugendforum im Baden-Württembergischen Landtag. Foto: Jonas Gebauer

Guten Tag Herr Gram­ling. Wir wollen mit Ihnen gern über Parti­zi­pa­tion spre­chen. Was uns sofort aufge­fallen ist: In der Gesprächs­runde mit den Teil­neh­menden sind ledig­lich männ­liche Vertreter des Land­tages anwe­send. Der Baden-Würt­tem­berger Landtag stellt mit nur rund 25 Prozent Frauen den geringsten Anteil in ganz Deutsch­land ist. Haben sie eine Idee woran das liegen könnte?

Genau zu benennen, woran das liegt, finde ich schwierig. Das hört sich schnell nach Klug­schei­ßerei“ an. Wich­tiger ist, dass sich dieser Umstand in Zukunft verbes­sert

Wie könnte eine solche Verbes­se­rung erreicht werden?

Es gibt ja zwei Heran­ge­hens­weisen. Die eine, die von manchen auch proaktiv gefor­dert wird, ist dass man eine Quote einführt und so über Listen­wahlen den Frau­en­an­teil erhöht. Den Einsatz dieses Instru­ments halte ich persön­lich aller­dings für falsch. Denn da stellt sich für mich direkt die Frage, was kommen danach noch alles für Quoten? Und daran anknüp­fend die Folge­frage, inwie­weit es sich dann noch um Volks­ver­treter handelt, wenn man nur aufgrund von einem Geschlecht oder bestimmten Eigen­schaften in einem Parla­ment sitzt.

Wir haben in Baden-Würt­tem­berg eines der demo­kra­tischsten Wahl­sys­teme. Auch wenn die Auszäh­lung kompli­ziert ist, ist jeder Abge­ord­nete, der hier sitzt, auch wirk­lich vom Volk gewählt worden und ist nicht von irgend­einer Liste gekommen, die eine Partei aufge­stellt hat. Diesen Grund­satz finde ich gut.

Manche ihrer Kolle­ginnen sagen, genau in diesem System liege das Problem. Weil oft derje­nige, der momentan bereits im Parla­ment sitzt, bei der Aufstel­lung der Kandi­daten den Vortritt hat. Der aktu­elle Stand von rund 75 Prozent Männern im Landtag würde sich mit diesem Wahl­system so beinah von selbst erhalten.

Ich versuche es anders: Schauen wir uns die CDU-Frak­tion an. Vor dem Hinter­grund des demo­gra­phi­schen Wandels müsste die jüngere Gene­ra­tion es immer schwerer haben, dass ihre Stimme Gehör findet. Trotzdem sind wir aktuell die jüngste Frak­tion im Landtag. Da ist also ein gewisser Gene­ra­ti­ons­wechsel von statten gegangen. Ohne Quoten­re­ge­lung, die dafür sorgt, dass die Themen der jüngeren Gene­ra­tion aufge­nommen werden. Der entschei­dende Faktor ist, dass man sich als junge Gene­ra­tion hinstellt und proaktiv einbringt. Ich habe mich auch entscheiden müssen, ob ich in die Politik gehe oder in die freie Wirt­schaft gehe. Das war von mir auch eine Entschei­dung, die mit gewissen Chancen und Risiken einher­ging.

Das heißt, Frauen müssen einfach risi­ko­be­reiter sein?

Es muss grund­sätz­lich von Parteien mehr geför­dert werden. Ich würde schon sagen, dass es oft noch so ist, dass eine Frau die die Quali­fi­ka­tion für ein Amt mitbringt, sich die Über­nahme des Amtes aber eher weniger zutraut als ein Mann. Ganz pauschal und plakativ formu­liert. Ein Mann stellt sich hin und sagt: Na klar kann ich das. Und erst fragt nach der Wahl fragt er sich, was er denn jetzt genau tun muss.

Es geht also um Ermu­ti­gung. Zu ermu­tigen, Ideen einzu­bringen und umzu­setzen und auch zu ermu­tigen, sich aufstellen zu lassen. Es müssen Anreize geschaffen werden. Mit einer Quote allein kommt man da nicht weiter.

Ermu­ti­gung, sich einzu­bringen“ sind gute Stich­worte im Bezug auf die heutige Veran­stal­tung und die Jugend. Welche Möglich­keit haben wir jungen Leute denn uns poli­tisch einzu­bringen?

Zum Beispiel bei so Veran­stal­tungen wie heute hier. Ich finde es sehr positiv, dass hier junge Leute in den Landtag kommen und übri­gens auch in erster Linie junge Frauen ans Podium getreten sind.

Oft sagen die jungen Menschen hier, dass solche Veran­stal­tungen zwar inter­es­sant und gut sind, aber schon morgen keinen mehr inter­es­sieren und keinen nach­hal­tigen Effekt mehr haben. Was sagen sie den kriti­schen Stimmen?

Also bezüg­lich der Annahme, dass die Themen hier nicht mehr wahr­ge­nommen werden oder am nächsten Tag bereits vergessen sind, kann ich zumin­dest für mich persön­lich sagen, dass es nicht so ist. Ich versuche immer, an mich Heran­ge­tra­genes auch in die Arbeit einzu­bringen.

Das heißt die junge Gene­ra­tion muss ihre Wünsche nur laut genug kommu­ni­zieren, dann findet sie in der Politik Gehör? Wir fragen auch vor dem Hinter­grund der fridaysforfuture“-Demonstrationen, die aktuell vieler­orts in Deutsch­land statt­finden. Finden sie die gut?

Ich finde es sehr gut, dass sich junge Menschen über ihre Zukunft Gedanken machen! Und auch, dass in dieser Art und Weise zu arti­ku­lieren und sich Gehör zu verschaffen. Was ich mir von dem ein oder anderen manchmal noch mehr wünschen würde, ist die Strin­genz. Das heißt, nicht nur frei­tags bis 16 Uhr demons­trieren und dann ist Wochen­ende und in den Ferien flieg ich einmal nach Amerika und hab mit der Flug­reise deut­lich mehr Co2 ausge­stoßen als der Durch­schnitts­deut­sche auf einen sehr langen Zeit­raum gesehen. Anderen ein schlechtes Gewissen machen und fordern, dass der Lebens­stan­dard redu­ziert werden muss, aber selber um die Welt jetten, das haut nicht hin.

Aber es ist gut und wichtig, einen Stand­punkt zu haben und Systeme kritisch hinter­fragen! Die Frage ist nur, auf welcher Fakten­grund­lage, man zu einer Meinung kommt. Und das ist, was ich vermisse: Dass auch mal ein Leit­ar­tikel von der ersten bis zur letzten Seite gelesen wird. Da stelle ich in meiner Wahr­neh­mung nämlich leider fest, dass ein gewis­sen­haftes Infor­mieren eher rück­läufig ist und oft nur noch kurze Tweets und Plakate wahr­ge­nommen werden und als Infor­ma­ti­ons­grund­lage dienen. Das würde ich aber nicht nur auf die jungen Mitbürger bezogen so sehen.

Ein Beispiel: Die Luft in Stutt­gart. Die wird besser. Jeder einzelne Wert wird seit 30 Jahren besser. Wenn man raus­geht und auf der Straße fragt, wie ist denn die Luft in Stutt­gart, glaube ich, dass der Groß­teil der Menschen behaupten würde, dass die Luft schlechter geworden ist. Obwohl das faktisch falsch ist.

Könnte nicht auch die Politik etwas tun, um diesem Trend entge­gen­zu­wirken?

Natür­lich – beispiels­weise bei der Medi­en­kom­pe­tenz. Heute pras­seln ja Unmengen an Infor­ma­tionen auf uns ein – ganz andere Mengen als noch vor vielen Jahren. Deswegen muss Medi­en­kom­pe­tenz und Meinungs­bil­dung heut­zu­tage viel mehr im Bildungs­plan berück­sich­tigt werden. Auch, um ein kriti­sches Hinter­fragen der Gescheh­nisse in der Welt und der Politik zu ermög­li­chen.

Herr Gram­ling, wir danken ihnen für das Gespräch.


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