Wie war’s eigent­lich?

Datum
10. September 2017
Autor*in
Sofia Westholt
Thema
#poTANDEM17
Kommentar Schule quadratisch

Kommentar Schule quadratisch

Foto: Jugendpresse Deutschland / Leonard Palm

Ania i Paulina

Im Herzen Freunde, im Handwerk vereint: Ania und Paulina bringen Gedanken aus zwei Köpfen auf einen Artikel. Foto: Jugendpresse Deutschland / Leonard Palm

Sechs Tage lang drehte sich beim deutsch-polni­sche Jour­na­lis­musse­minar in Görlitz mit elf Teil­neh­menden zwischen 16 und 26 Jahren aus Deutsch­land und Polen alles um das Semi­nar­thema Demo­kratie im Wandel“ – um Deutsch­land, um Polen, um den gegen­sei­tigen Austausch und den Jour­na­lismus.

Nachdem die Teil­neh­menden am 20. August ankamen, stiegen wir nach einer Vorstel­lungs­runde direkt ins Thema ein und fragten, welche Themen die Teil­neh­menden inter­es­sierten. Demo­kratie in Schulen, Demo­kratie im deutsch-polni­schen Vergleich, Demo­kratie bei Jugend­li­chen – die Ideen waren zahl­reich und viel­fältig. Wir sammelten sie an einem Flip­chart – auf Deutsch und auf Polnisch. Auch die Über­set­zung in die jeweils andere Sprache durch Sprach­mittler sollte uns die nächsten Tage weiter begleiten. Unsere zwei Sprach­mittler leis­teten groß­ar­tige Arbeit. Nach dem Abend­essen been­deten wir das gemein­same Programm mit Spielen, bei denen die Teil­neh­me­rinnen und Teil­nehmer sich näher kennen­lernten, unter­schied­liche Spra­chen als über­wind­bares Hindernis begriffen und eine Menge Spaß hatten. Abends wurden bei einem kalten Getränk direkt an der polni­schen Grenze die ersten langen Gespräche geführt. Am nächsten Tag stiegen wir inhalt­lich ganz ein. Vormit­tags leiteten unsere Chef­re­dak­teu­rinnen Jolanta Steciuk (für die vier polni­schen Teil­nehmer) und Nuray Hanım Atila (für die sieben deut­schen Teil­nehmer) getrennt einen Work­shop rund um jour­na­lis­ti­sche Darstel­lungs­formen und Themen­fin­dung. Inter­es­siert hörten die Teil­nehmer zu, probierten aus, über­legten sich ihr Arti­kel­thema. Dabei bildeten sich drei deutsch-polni­sche Tandems, die gemeinsam recher­chierten und teil­weise gemeinsam Artikel schrieben, teil­weise zu einem Thema zwei getrennte Artikel in zwei Spra­chen zu Papier brachten. Da zwei polni­sche Teil­nehmer kurz­fristig absagten, war es nicht möglich, dass alle Teil­neh­menden in deutsch-polni­schen Tandems arbeiten, so wie es ursprüng­lich geplant war. Dafür bildete sich noch ein deutsch-deut­sches Team, zwei Teil­neh­me­rinnen arbei­teten einzeln. Gut gestärkt ging es nach dem Mittag­essen mit einem Work­shop von Joanna Stolarek zum Thema inter­na­tio­naler Jour­na­lismus“ weiter, in dem u.a. über Vorur­teile zwischen Deut­schen und Polen, die unter­schied­liche Medien- und Poli­tik­welt der beiden Länder sowie die Darstel­lung des jeweils anderen Landes in der heimi­schen Presse gespro­chen wurde. Mit sehr vielen neuen Infos machten sich die Teil­nehmer am Abend auf einen Spazier­gang durch Görlitz und beant­wor­teten die Fragen der Stadt­rallye. An diesem Abend ging es möglichst früh ins Bett, denn am Dienstag ging es früh raus. Schon um 7:00 Uhr verließen wir die Jugend­her­berge, um im Zug 2 ½ Stunden nach Breslau / Wroclaw zu fahren. Sogar auf der Fahrt wurde gear­beitet und die Arti­kel­themen noch­mals weiter konkre­ti­siert und ausge­feilt. In Breslau ange­kommen hatten wir eine Führung durch das TV-Studio Echo24“. Die sehr netten Mitar­beiter gewährten uns einen ausführ­li­chen Einblick in ihre Arbeits­räume und in ihren Alltag, auch unsere Fragen beant­wor­teten sie geduldig. Wir speisten in ihrer Kantine, bevor es quer durch die Stadt erst zum Markt­platz ging, wo es eine Stunde Frei­zeit zur Stadt­er­kun­dung gab, und dann zu unserem nächsten Meeting. Die Partei Nowo­c­zesna Dolnos­laskie veran­stal­tete ein Sommer­pro­gramm in Breslau. Wir trafen so sechs Frauen mit Charakter“ und einen Mann aus unter­schied­li­chen Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tionen, u.a. KOD (Komitee zur Vertei­di­gung der Demo­kratie) und Ruch Kobiety (Frau­en­rechts­or­ga­ni­sa­tion). Zunächst stellten sich die Diskus­si­ons­teil­nehmer vor, dann öffneten sie die Runde für Fragen. Die Diskus­sion wurde auch auf Video fest­ge­halten: Spät am Abend kamen wir zurück, ließen beim Abend­essen den Tag Revue passieren und fielen schnell in unsere Betten. Am Mitt­woch begannen die Recherche und das Arti­kel­schreiben. Die Teil­nehmer suchten sich selbst Inter­view­partner, spra­chen mit Einwoh­nern auf beiden Seiten der Neiße oder entschieden sich für einen für uns ange­fragten Inter­view­gast aus Görlitz und Region. Wir hatten Besuch von Laterna Futuri, Matthias Limmer, Kultur­brü­cken und dem meeting­point music messian. Ein Team machte sich auf den Weg zur Umwelt­bi­blio­thek in Groß­hen­ners­dorf. An diesem Tag wurde viel geredet, disku­tiert, nach­ge­dacht, gefragt und geschrieben. Am Ende des Tages standen viele ange­fan­gene und einzelne been­dete Artikel. Nach dem Abend­essen jedoch war erstmal keine Zeit zum Schreiben: Denn wir trafen vier Jung­po­li­tiker (Jusos, Junge Union, Junge Linke, Junge Alter­na­tive) aus Görlitz zur Podi­ums­dis­kus­sion. 90 Minuten lang drehte sich alles um Demo­kratie und ihren Wandel. Den Abend verbrachten die Teil­neh­menden fleißig vor ihren Laptops mit tippenden Fingern und rauchenden Köpfen. Am Donnerstag star­teten wir nach dem Früh­stück mit einem Plan­spiel von Bastian Schmidt zum Thema Rechts­extre­mismus“ in den Tag. Die Teil­nehmer waren Bürgermeister/​innen, linke oder rechte Demons­tranten oder in der linken, mitt­leren oder rechten Partei. Nachdem bei einer Demons­tra­tion ein junger Mann erschossen wurde, setzten sich die genannten Personen zusammen. Inter­es­siert debat­tierten die Teil­neh­menden auf Deutsch und Polnisch. Den rest­li­chen Tag verbrachten sie damit, ihre Artikel weiter- und zu Ende zu schreiben, sie den Chef­re­dak­teuren zum Redigat vorzu­legen und sie noch­mals zu über­ar­beiten. Unser Foto­graf Leonard Palm bear­bei­tete bis spät in die Nacht die Arti­kel­fotos, die er während des Semi­nars geschossen hatte. Am Freitag war schon der Abrei­setag. In einer Feed­back­runde fragten wir die Teil­neh­menden nach ihrer Meinung zu dem Seminar, bevor die Teil­neh­menden in alle Ecken Polens und Deutsch­lands zurück­fuhren. Das Feed­back, welches wir bekamen, war sehr positiv. Die Programm­punkte und das Semi­nar­thema wurden von den Teil­neh­me­rinnen und Teil­neh­mern als inter­es­sant wahr­ge­nommen, auch der jour­na­lis­ti­sche Input­work­shop und das ausführ­liche Bespre­chen der Artikel sowie die Möglich­keit des Inter­view­füh­rens wurden gelobt. Einzig mehr kurze Pausen zwischen den Programm­punkten wurden gewünscht. Außerdem wurden weitere Programm­punkte vorge­schlagen, für die wir aller­dings keine Zeit gehabt hätten. Mir als Veran­stal­terin hat das Seminar sehr viel Freude bereitet. Die Gruppe war sehr offen und kommu­ni­kativ, ab dem ersten Tag war es wirk­lich eine Gruppe, in der keine Spal­tung zwischen Deut­schen und Polen zu erkennen war. Die Teil­nehmer saugten das ange­bo­tene Wissen begeis­tert auf und ließen auch ihre Kennt­nisse zu Polen und Deutsch­land in das Seminar mitein­fließen. Die Unter­kunft in der Jugend­her­berge war prak­tisch, wir hatten zum einen einen schönen Semi­nar­raum und einen tollen Innnenhof, zum anderen ist Görlitz nur wenige Meter vom polni­schen Zgor­zelec entfernt, was durchaus von den Teil­neh­menden genutzt wurde. Die doppelte Chef­re­dak­tion für polni­sche und deut­sche Teil­nehmer war gut, da so jeder auf seiner Mutter­sprache reden konnte. Wenn auch die Kommu­ni­ka­tion unter den Teil­neh­menden auf Deutsch, Polnisch und Englisch sehr gut funk­tio­nierte, so war es doch sehr wichtig, dass unsere zwei Sprach­mittler die komplexen Semi­nar­in­halte in beide Spra­chen über­setzten, damit jeder die Möglich­keit hatte alles zu verstehen und seine Gedanken in seiner Mutter­sprache auszu­drü­cken. Gerne würde ich ein weiteres deutsch-polni­sches Tandem­se­minar durch­führen.
Förderung von Axel Springer Stiftung, deutsch polnisches Jugendwerk, Stiftung für deutsch polnische Zusammenarbeit, Think Big und Erasmus +

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