Was funk­tio­niert wahr­schein­lich meis­tens?

Datum
11. März 2018
Autor*in
Niklas Thoms
Thema
#EWLako18
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© Erik-Holm Langhof
Wie gelingt eine Ausstel­lung über Entwick­lungs­po­litik? Das wollte Niklas Thoms von Stefanie Neumann im Work­shop Vom Wissen zum Handeln“ erfahren. Die Tipps der Refe­rentin für Bildungs- und Kampa­gnen­ar­beit gibt‘s hier.

Wie gelingt eine Ausstel­lung über Entwick­lungs­po­litik? Das wollte Niklas Thoms von Stefanie Neumann im Work­shop Vom Wissen zum Handeln“ wissen. Die Tipps der Refe­rentin für Bildungs- und Kampa­gnen­ar­beit gibt‘s hier.

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Ihre Beteilgung ist erwünscht – das lernen die Teilnehmenden des Workshops "Vom Wissen zum Handeln". / Foto: Erik-Holm Lanfhof

Einen goldenen Weg zu einer erfolg­rei­chen entwick­lungs­po­li­ti­schen Ausstel­lung gibt es nicht!“, sagt Stefanie Neumann zu Beginn ihres Work­shops – und zerstört (oder erfüllt?) damit wohl die Erwar­tung manch eines Teil­neh­menden. Doch wenn die Refe­rentin für Bildungs­po­litik beim Verein Vamos das denkt, dann stimmt es wohl auch: Seit vielen Jahren konzi­piert Neumann Ausstel­lungen, mit denen sie versucht, Menschen für entwick­lungs­po­li­ti­sche Themen zu sensi­bi­li­sieren. Und eben jene Menschen sind einfach jedes Mal zu unter­schied­lich, als dass sie ein immer glei­ches Erfolgs­re­zept“ anbieten könnte.

Das Wer“ und das Wie“ zählen

Einige Tipps kennt Neumann aber dennoch: Oft steht und fällt die Beliebt­heit einer Ausstel­lung mit den Besu­che­rinnen und Besu­chern. Bevor es mit der inhalt­li­chen Arbeit so richtig losgeht, sollte man sich deshalb viel Zeit für eine genaue Defi­ni­tion der Ziel­gruppe nehmen, rät die Expertin. Dabei darf man ruhig auch mal kreativ werden und neue Wege gehen. Vor einer Ausstel­lung, die wir für den Schul­kon­text erstellt haben, sind wir beispiels­weise schon in der Planungs­phase an die Schü­le­rinnen und Schüler heran­ge­treten.“ So hat man bereits früh viel über die Inter­essen und mögli­chen Zugänge zur Ziel­gruppe erfragt. Solche Infor­ma­tionen seien unglaub­lich wichtig, betont Neumann – auch wenn sie natür­lich nicht garan­tieren, dass das hinterher entwi­ckelte Konzept bei jeder Gruppe Anklang findet. Was bei einer Ziel­gruppe super klappt, kann bei der nächsten auch mal völlig schief­gehen.“ Eine gewisse Frus­tra­ti­ons­to­le­ranz sei als Work­shop­lei­terin oder ‑leiter daher hilf­reich. Im Grunde, meint Neumann lächelnd, könne man sich sogar immer nur fragen: Was funk­tio­niert wahr­schein­lich meis­tens?

Ethi­sche Dile­matta

Ist die Ziel­gruppe defi­niert, kann es mit der inhalt­li­chen und orga­ni­sa­to­ri­schen Planung losgehen. Dabei muss deut­lich mehr als die Frage Was drucke ich wohin?“ beachtet werden. Zum Beispiel spielt auch das Worauf“ eine Rolle. Oft erschwert das Krite­rium Nach­hal­tig­keit“ die Auswahl der verwen­deten Mate­ria­lien.

Richtig schwierig wird es, wenn zusätz­lich Richt­li­nien beachtet werden müssen. Neumann hat schon Erfah­rungen mit Rege­lungen zum Brand­schutz gemacht. Oft müssen wir dann doch auf Poly­ester zurück­greifen, weil man beispiels­weise für Baum­wolle einfach zu viele Chemi­ka­lien benö­tigt, um dem Brand­schutz gerecht zu werden“, berichtet sie. Nun ist Poly­ester als Mate­rial nicht gerade nach­haltig – für die Herstel­lung der Kunst­faser wird Rohöl verwendet. Zum Problem wird das, wenn es in der Ausstel­lung etwa um die Vermei­dung von Plas­tik­müll geht. Dieser Wider­spruch fällt vielen Teil­neh­mern natür­lich auf und sie fragen nach“, sagt die Refe­rentin.

Ähnlich kompli­zierte Erfah­rungen in Sachen Nach­hal­tig­keit hat Neumann in Ausstel­lungn gemacht, die Teil­neh­mende zu umwelt­freund­li­chem Handeln bewegen wollen. Oft werden Infor­ma­tionen für die Ausstel­lungen über Tablets verbreitet worden – die Geräte eignen sich dafür am besten. Manche Anwen­dungen funk­tio­nieren aller­dings nur auf Geräten, die unter unfairen“ Bedin­gungen produ­ziert werden. Auch dann hagele es oft Fragen, sagt Neumann – und schiebt schnell ein völlig zu recht natür­lich“ nach.

Wie geht man als Ausstel­lerin oder Aussteller mit solchen Dilem­mata um? Die Teil­neh­me­rinnen und Teil­nehmer des Work­shops sind sich einig: ehrlich und direkt“ ist der beste Weg, um Konflikte zu kommu­ni­zieren. Solche Entschei­dungen würde ich immer offen anspre­chen oder sogar in die Ausstel­lung inte­grieren“, sagt eine Frau. So könnten Trans­pa­renz und Vertrauen zwischen dem Work­shop­lei­tenden und den Teil­neh­menden entstehen.

Vom Wissen zum Handeln mit Blüm­chen­power

Seine Absichten offen­zu­legen ist für eine Ausstel­lerin oder einen Aussteller auch dann wichtig, wenn sie oder er Menschen zum Handeln bewegen will. Genau das sei oft die größte Schwie­rig­keit, sagt Neumann. Deswegen achten sie und ihr Team darauf, dass Ausstel­lungen und Bildungs­an­ge­bote stets auch prak­tisch ablaufen. Beim Projekt fair flowers“ verteilen Kinder beispiels­weise Blumen, um Passan­tinnen und Passanten dazu anzu­regen, sich über die Herkunft des Grün­zeugs Gedanken zu machen. Bei der Wander­aus­stel­lung planet plastic“ haben Neumann und ihr Team Menschen zu einer zwei­wö­chigen no-plastic-chall­enge“ – dem weit­ge­henden Verzicht auf den Kunst­stoff – ange­regt. Ihre Erfolge konnten die Teil­neh­menden in einer App“ messen, die auch Infor­ma­tionen zum Thema Plastik ange­zeigt hat. Mit solchen Heran­ge­hens­weisen habe sie gute Erfah­rungen gemacht, berichtet Neumann.

Zudem sei es auf jeden Fall hilf­reich, die Ziel­gruppe inter­aktiv einzu­be­ziehen. Geschehen kann das schon während der Planung oder durch Teil­habe während der Ausstel­lungen. Ganz falsch sei es hingegen, mit erho­benem Zeige­finger“ aufzu­treten – statt­dessen sollte sich der Refe­rie­rende lieber perma­nent selbst über­prüfen, rät Neumann. In jeder Planungs­phasen sollte er sich fragen: Wer bin ich?“, Wo will ich hin?“, Wen will ich errei­chen?“ und Wie poli­tisch will ich sein?“

Am Ende des Work­shops ist deut­lich geworden, was Stefanie Neumann schon zu Beginn verkündet hat. Einen goldenen Weg“, wie sich entwick­lungs­po­li­ti­sche Ausstel­lungen erfolg­reich gestalten lassen, gibt es nicht. Dafür sollte jede Refe­rentin und jeder Refe­rent einige goldene“ Kompe­tenzen mitbringen: Die Fähig­keit, Entschei­dungen zu reflek­tieren und gege­be­nen­falls zu korri­gieren gehört ebenso dazu wie die Meinung anderer anzu­hören und wert­zu­schätzen.


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