Nach­hal­tige Nutzung statt Konsum-Kick

Datum
12. März 2018
Autor*in
Marlene Jacobsen
Thema
#EWLako18
Foto ReparierBar

Foto ReparierBar

Welche Folgen hat unsere Gier nach den neusten Handy-Trends? Und wie können wir Handys fairer nutzen? Antworten auf beide Fragen hat Marlene Jacobsen bei einem konsum­kri­ti­schen Stadt­rund­gang gefunden.

Welche Folgen hat unsere Gier nach den neusten Handy-Trends? Und wie können wir Handys fairer nutzen? Antworten auf beide Fragen hat Marlene Jacobsen bei einem konsum­kri­ti­schen Stadt­rund­gang mit Evren Sinar gefunden.

Ein afri­ka­ni­sches Kind auf einem Schrott­haufen, schuf­tende Minen­ar­beiter – und die Werbung für das neueste Handy von Voda­fone. Diese Fotos betrachten wir – das sind um die zehn Menschen, die sich für das Thema Nach­hal­tig­keit inter­es­sieren – im Zentrum von Bonn. Wir nehmen an einem konsum­kri­ti­schen Stadt­rund­gang“ teil, der uns lehren soll, wie wir verant­wor­tungs­voller mit unseren Handys umgehen können. Orga­ni­siert wird das Ganze von Evren Sinar, die für die Initia­tive Green­walker“ öfter Leute durch Bonn führt.

Die Bilder, die sie uns zeigt, haben vor allem eine Wirkung: Wir fühlen uns ein biss­chen schuldig. Eigent­lich ist uns längst bewusst, dass die Herstel­lung unserer Elek­tro­ge­räte auf Kosten der Umwelt und dem Wohl­ergehen von Menschen aus anderen Ländern geht – so sichtbar wie auf dem Stadt­rund­gang bekommen wir das trotzdem selten vor Augen geführt.

Nach­hal­tig­keit ist kaum gefragt

Evren Sinar erklärt, dass unsere Handys Rohstoffe wie Coltan, Eisenerz und Kupfer enthalten. Abge­baut werden diese unter anderem im Kongo, wo schon lange ein blutiger Bürger­krieg herrscht. Viele Minen befinden sich in der Hand von Milizen, die durch den Verkauf der Rohstoffe Waffen finan­zieren. Das heißt: Kaufen wir uns in Deutsch­land das neueste Smart­phone, schüren wir damit die Konflikte in rohstoff­för­dernden Ländern.

Und unser Konsum ist gewaltig: Allein 2017 sind welt­weit mehr als 1,4 Milli­arden Smart­phones verkauft worden, einige davon sicher auch in der Telekom-Filiale in der Bonner Innen­stadt, an der wir als nächstes Halt machen. Ein Mitar­beiter weist uns darauf hin, dass das Laden­an­gebot keine nach­haltig produ­zierten Geräte umfasst. Nur sehr selten komme es vor, dass jemand nach fairen Smart­phones frage.

Trotzdem gibt es bei der Telekom zumin­dest eine Möglich­keit, den Konsum fairer zu gestalten. So können Kunden so genannte refur­bished“ Handys kaufen, die nur kurz benutzt und dann umge­tauscht worden sind. Norma­ler­weise, erzählt uns der Verkäufer, gehen solche Geräte nicht mehr in den Handel. Das läge auch an den Kunden, die meist die neusten Produkte haben wollen.

Handys werden in Schub­laden gehortet

Viele Menschen kaufen ständig neue und entsorgen alte Handys, obwohl diese teil­weise noch völlig in Ordnung sind. In deut­schen Schub­laden liegen etwa 80 Millionen aussor­tierte – größ­ten­teils noch funk­ti­ons­fä­hige – Mobil­te­le­fone.

Stadt­füh­rerin Sinar will von uns wissen, wie viele Handys wir bisher gehabt haben und wie viele von denen bei uns zu Hause herum­liegen. Beides sollen wir auf einem Plakat angeben. Manch ein Teil­neh­mender kommt mit dem Zählen seiner Mobil­te­le­fone gar nicht mehr hinterher. Ist das nicht ein alar­mie­rendes Zeichen dafür, dass wir drin­gend etwas an unserem Konsum­ver­halten ändern sollten? Mit jedem Handy, das wir nicht brau­chen, verschwen­deten wir Rohstoffe: Denn von insge­samt 60 Mate­rialen, die in einem Gerät stecken, können wir nur 17 wieder­ver­werten.

Geht es auch anders?

Doch nicht alle Handys müssen wir verschwenden. Recy­cling­un­ter­nehmen wie teqcycle“ bieten Möglich­keiten, alte Geräte wieder­zu­ver­werten. Die Firma richtet Sammel­stellen für alte Handys ein, die weiter vermarktet oder recy­clet werden.

Wer lieber direkt nach­haltig konsu­mieren möchte, kann sich auch ein fair­phone“ zulegen. Die Rohstoffe des grünen Geräts“ kommen aus geprüften Minen und werden unter sicheren Bedin­gungen verar­beitet. Seit 2013 sind bereits über hundert­tau­send fair­phones“ verkauft worden.

Wahr­schein­lich haben Kunden, die sich vor fünf Jahren ein grünes Handy“ zuge­legt haben, auch heute noch etwas von ihm – fair­phones“ sind ausge­spro­chen lang­lebig. Darüber hinaus lassen sie sich leicht repa­rieren. Bei vielen anderen Handy­marken ist das hingegen schwer. Das liegt daran, dass Handy-Hersteller von einem Neukauf mehr als von einer Repa­ratur profi­tieren.

Den Inha­be­rinnen und Inha­bern der Repa­rierBar“ passt diese kapi­ta­lis­ti­sche Denk­weise gar nicht. Einmal im Monat veran­stalten sie in dem Geschäft in der Bonner Altstadt repa­ri­cafés“. Dabei werden nicht nur Handys, sondern Elek­tro­ge­räte aller Art wieder auf Vorder­mann gebracht. So lassen sich auch herkömm­liche Mobil­te­le­fone meist noch jahre­lang nutzen.

Sollte das Handy dann doch irgend­wann den Geist aufgeben, sollte die Devise Recy­cling“ lauten. Jeder könne sich nach Handy-Sammel­stellen in der Nähe erkun­digen, sagt Green­wal­kerin“ Sinar. Ein guter Tipp: Gehen wir in Zukunft nach­hal­tiger mit unseren Elek­tro­ge­räten um, brau­chen wir auch nicht mehr so ein schlechtes Gewissen haben.


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