Warum sich auch weiße Menschen mit Rassismus ausein­an­der­setzen müssen

Datum
21. März 2018
Autor*in
Malte Legenhausen
Thema
#IWgR 2018
Warum sich auch weiße mit Rassismus auseinandersetzen müssen_Malte Legenhausen (Blog 1)

Warum sich auch weiße mit Rassismus auseinandersetzen müssen_Malte Legenhausen (Blog 1)

Es ist wichtig, dass sich weiße Menschen mit ihrem Weiß­sein“ beschäf­tigen, wenn es um Rassismus geht. Hilf­reich kann dazu das Konzept von Critical Whiteness“ sein. Ein Kommentar von Malte Legen­hausen.

Es ist wichtig, dass sich weiße Menschen mit ihrem Weiß­sein“ beschäf­tigen, wenn es um Rassismus geht. Hilf­reich kann dazu das Konzept von Critical Whiteness“ sein. Ein Kommentar von Malte Legen­hausen.

Rassismus hat nicht nur etwas mit Natio­nal­so­zia­lismus, mit Neonazis und rechten Parteien zu tun. Es ist nicht nur ein Thema für Menschen, die rassis­ti­sche Diskri­mi­nie­rung erfahren. Rassismus ist auch ein Thema für weiße Menschen, die sich mit ihrem Weiß­sein ausein­an­der­setzten sollten. Ich bin einer von ihnen.

Lange habe ich mich nicht als weiß“ bezeichnet, weil ich gar keine Notwen­dig­keit dafür gesehen habe. Erst, als ich ange­fangen habe, mich mit Rassismus zu beschäf­tigen, habe ich fest­ge­stellt, dass ich – als weißer Deut­scher – ein Teil von rassis­ti­schen Struk­turen bin. Das zu akzep­tieren, ist nicht immer leicht – aber es ist unab­dingbar, wenn mensch* sich für ein diskriminierungsfrei(er)es Mitein­ander einsetzen will.

Die Schwarze* Autorin und Akti­vistin Noah Sow schreibt in ihrem Buch Deutsch­land Schwarz weiß“, dass weiße Menschen das Privileg besitzen, sich nicht mit Rassismus ausein­an­der­setzen zu müssen. Für Weiße ist der Name oder die vermeint­liche Herkunft kein Hindernis bei der Wohnungs­suche. Sie werden nicht ständig danach gefragt, wo sie eigent­lich herkommen und sie müssen auch keine Angst haben, beim U‑Bahnfahren von der Polizei kontrol­liert zu werden (Racial Profiling).

Das Konzept Critical Whiteness“

Den Blick auch auf weiße Menschen zu richten hat in der Rassismus-Forschung zu einem Perspek­tiv­wechsel geführt. Das Konzept Critical Whiteness” (dt. Kriti­sches Weiß­sein“) nimmt erst­mals dieje­nigen in den Fokus, die Rassismus ausüben oder davon profi­tieren – nämlich weiße Menschen. Hierbei bezieht sich Weiß­sein nicht auf die Haut­farbe oder äußer­liche Merk­male, sondern ist als poli­ti­sches und soziales Konstrukt gedacht: Weiße gehören demnach einer Mehr­heits­ge­sell­schaft an, die auf indi­vi­du­eller, gesell­schaft­li­cher und struk­tu­reller Ebene keine rassis­ti­schen Diskri­mi­nie­rungs­er­fah­rungen macht, sondern Privi­le­gien und Macht besitzt.

Dies zu reflek­tieren (und zu benennen!) ist enorm wichtig. Denn ich muss erkennen, dass ich der weißen Domi­nanz­ge­sell­schaft ange­höre. Ich muss sehen, wo ich überall privi­le­giert bin (ohne es viel­leicht zu merken). Dabei gilt es, die Bilder, die weiße Deut­sche über Schwarze Menschen und People of Color (PoC) im Kopf haben, kritisch zu hinter­fragen! Das ist gar nicht so leicht, denn wir sind mit diesen Bildern aufge­wachsen und sehen sie durch die Medien immer wieder bestä­tigt.

Zu sagen: Ich setze mich gegen Rassismus ein und bin anti­ras­sis­tisch“ reicht nicht aus. Erst durch die Ausein­an­der­set­zung mit dem eigenen Weiß­sein wird einem die eigene privi­le­gierte Posi­tion bewusst. Denn Rassismus zieht sich auf unter­schied­li­chen Ebenen durch die Gesell­schaft. Und ob ich will oder nicht – wenn ich weiß bin, profi­tiere ich davon.

Schwarz: Der Begriff Schwarz wird in diesem Artikel groß geschrieben. Schwarz ist eine eman­zi­pa­to­ri­sche Selbst­be­zeich­nung Schwarzer Menschen. Um diesen Wider­stands­cha­rakter kennt­lich zu machen, wird das S“ groß geschrieben.

*mensch: Mit dem Wort mensch“ – als Ersatz für man“ – wird versucht möglichst gender­sen­sibel zu schreiben.

Racial Profiling: Menschen werden aufgrund ihrer Haut­farbe, Herkunft oder Reli­gion ohne beson­deren Verdachts­mo­ment kontrol­liert.

People of Color (PoC): ist eine Selbst­be­zeich­nung von Menschen, die Rassis­mus­er­fah­rungen machen. Anders als beim Begriff colored“ steht bei PoC der Mensch (people) an erster Stelle.


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