Sex, Drugs and Techno – aber sicher!

Datum
08. September 2020
Autor*in
Johannes Knop
Themen
#allaboutdrugs 2021 #Leben
Safer Use Items; Foto: Rüdiger Schmolke

Safer Use Items; Foto: Rüdiger Schmolke

Safer Use Items; Foto: Rüdiger Schmolke

Für ausschwei­fende Nächte ist Berlins Club­szene berüch­tigt. Für viele gilt: keine Party ohne Drogen. Die Initia­tive SONAR klärt über sicheren Konsum auf. poli­ti­ko­range-Redak­teur Johannes Knop hat Rüdiger Schmolke, den Koor­di­nator des Projekts, getroffen.

Bunte Broschüren zu Verhü­tung, Crystal Meth, Alkohol und Nikotin liegen neben Trau­ben­zu­cker, Kondomen und Aktiv­koh­le­fil­tern – säuber­lich anein­an­der­ge­reiht auf Tischen in den Ruhe­be­rei­chen der Clubs. An unseren Ständen stehen häufig ehren­amt­liche Helfer*innen gemeinsam mit Fest­an­ge­stellten* der Träger­ver­eine, um mit den Partygänger*innen ins Gespräch zu kommen“, sagt Rüdiger Schmolke. Er ist Koor­di­nator von SONAR, einem Gemein­schafts­pro­jekt der Berliner Club­kom­mis­sion, der Szene­initia­tive eclipse und verschie­dener Sucht­hil­fe­träger. Was die Feiernden* beschäf­tigt, sei viel­fältig. Am häufigsten gehe es aber um das Mate­rial selbst. Kann ich etwas davon gebrau­chen? Sind neue Infos dabei, die ich noch nicht kenne? Das seien Fragen, die die Besucher*innen umtreiben. Hin und wieder greift auch jemand im Vorbei­gehen unauf­fällig ein Kondom oder etwas Ähnli­ches“, so Schmolke.

Poli­tisch umstritten: Drug-Checking

Viele hätten auch ein großes Inter­esse am Thema Drug-Checking und fragen, wann endlich mit einer Einfüh­rung in Deutsch­land zu rechnen sei. Drug-Checking bezeichnet die Unter­su­chung ille­galer Drogen auf ihre chemi­schen Bestand­teile. Dadurch sollen beson­ders schäd­liche Substanzen ermit­telt und poten­zi­elle Konsu­mie­rende* gewarnt werden – eine Maßnahme, für die die recht­li­chen Hürden in Deutsch­land sehr hoch sind. Infor­ma­ti­ons­an­ge­bote und Apps, die sich mit dem Thema beschäf­tigen, müssen daher auf die Analy­se­er­geb­nisse ähnli­cher Projekte im Ausland zurück­greifen. Trotzdem helfe Betrof­fenen* im Zweifel jede Infor­ma­tion bei der Bewer­tung einer Pille und der Vermei­dung von Über­do­sie­rungen. Die Drogen­be­auf­tragte der Bundes­re­gie­rung Daniela Ludwig kündigte gegen­über der Rhei­ni­schen Post“ bereits im Januar an, sich in diesem Jahr mit Drug-Checking ausein­an­der­setzen zu wollen. Eine voll­stän­dige Markt­trans­pa­renz werde es laut Schmolke aber solange nicht geben, wie die jewei­ligen Drogen selbst illegal sind.

Austausch über Gesund­heit und Konsum

Beson­ders aufschluss­reich seien die soge­nannten Club­talks, die SONAR regel­mäßig orga­ni­siert. Sie richten sich an ein feierndes Publikum mit dem ZIel, einen möglichst offenen Austausch zu ermög­li­chen, etwa über sicheren Konsum („Safer Use“) oder Drug Checking. Zu Beginn der Talks werden dafür verschie­dene Flyer und Info-Broschüren ange­boten. Die Diskus­sion selbst sei jedoch ergeb­nis­offen und nicht an den jewei­ligen Schwer­punkt gebunden, da auf Referent*innen verzichtet wird. Meist haben wir etwa 20 bis 25 Teil­neh­mende*, für eine Grup­pen­dis­kus­sion genau die rich­tige Größe“, findet Rüdiger Schmolke.

Bera­tung während der Pandemie

SONAR-Koordinator Rüdiger Schmolke; Foto: Rüdiger Schmolke

SONAR-Koordinator Rüdiger Schmolke;

Bei warmem Wetter und den derzei­tigen Corona-Beschrän­kungen im Berliner Nacht­leben, nimmt zurzeit aber nur knapp die Hälfte der Menschen teil. Um einen besseren Austausch mit den Teil­neh­menden* zu ermög­li­chen, wird momentan über eine Vernet­zung mit Hilfe des Messen­gers Tele­gram nach­ge­dacht. Beson­ders hilf­reich für unsere Arbeit ist es immer, wenn wir Anfragen aus der Szene bekommen, ob wir nicht das ein oder andere Thema auch mal aufgreifen könnten“, sagt Schmolke. Zusätz­lich zu den Club­talks orga­ni­siert SONAR auch Schu­lungen für Clubbetreiber*innen und ihre Ange­stellten*. Schwer­punkte dort sind vor allem der Umgang mit Substanz­konsum ̶ sowie verschie­dene Hygie­ne­fragen wie zum Beispiel das regel­mä­ßige Reinigen von Tischen im Besucher*innenbereich oder das Bereit­stellen von Tampons oder Kondomen. Partys sollen Spaß machen, die Gemein­schaft fördern und gegen­sei­tige Soli­da­rität schaffen. Beim Thema Drogen sind viele aber manchmal über­for­dert“, so der Projekt­kor­di­nator.

Projekt steckt noch in den Kinder­schuhen

Aktuell befindet sich das Berliner Gesund­heits­för­de­rungs­pro­jekt SONAR noch in einer Aufbau­phase. Das Projekt benö­tigt noch mehr ehren­amt­liche Helfer*innen und einer regel­mä­ßigen Social-Media-Präsenz. Was uns fehlt, ist ein länger­fris­tiger, fester Team­stamm. Dadurch könnten wir geplante Veran­stal­tungen deut­lich schneller umsetzen und besser an neuen Projekten arbeiten“, erklärt Schmolke. Ähnliche Initia­tiven gebe es bereits in anderen Bundes­län­dern. In Bayern etwa enga­giert sich die Initia­tive Mind­zone seit 1996 mit Info­ständen und Bera­tungs­an­ge­boten, fokus­siert dabei aber direkte Präven­ti­ons­ar­beit. SONAR verfolgt einen anderen Ansatz, erklärt Rüdiger Schmolke: Unser Anspruch ist vor allem die Aufklä­rung über den möglichst sicheren Konsum der verschie­denen Substanzen, um das Scha­dens­ri­siko der Gebraucher*innen möglichst gering zu halten.“


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