Keine unbe­rühr­bare Über­macht“

Datum
26. November 2016
Autor*in
Lisa Pausch
Thema
#up2youth 2016

Katha­rina Buch saß mit den ganz Großen am Tisch: Sie ist UN-Jugend­de­le­gierte und vertrat die Stimmen junger Menschen in der Gene­ral­ver­samm­lung in New York. Lisa Pausch hat mit ihr gespro­chen: Über ihre Träume, die Jugend in der Politik und wie natio­na­lis­ti­sche Tendenzen zu erklären sind.

You need to be the change you want to see.“ Wenn Katha­rina Buch in der Gene­ral­ver­samm­lung in New York das Wort erteilt bekommt und Mahatma Gandhi zitiert, könnte man die 23-Jährige gutmütig als eine junge Träu­merin abstem­peln. Viel eher sollte man jedoch das Bild einer zuver­sicht­li­chen modernen Visio­närin malen. Sie hat viele Ideen für unsere Welt und wirkt erfri­schend authen­tisch. Ihr Wunsch: Eine bunte Zukunft, weit weg von der neuen Aggres­si­vität, ein gemein­sames Mitein­ander welt­weit und die Natur mehr zu achten. Was zunächst nach Bullerbü-Nach­bar­schafts­bil­dern klingt, hat heute einen festen Platz auf der poli­ti­schen Agenda.

Plötz­lich Jugend­de­le­gierte

Während ihres frei­wil­ligen ökolo­gi­schen Jahres bei der Natur­schutz­ju­gend (NAJU) beschäf­tigte sie sich erst­mals mit Mitbe­stim­mungs­rechten junger Menschen. Daraufhin wurde sie Bundes­ju­gend­spre­cherin der NAJU, dann Jugend­bot­schaf­terin für die Lobby- und Kampa­gnen­or­ga­ni­sa­tion ONE, die sich für das Ende extremer Armut einsetzt. Danach ging es eine Ebene höher: Ende 2015 bewarb sie sich als UN-Jugend­de­le­gierte und über­nahm das Amt für ein Jahr. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Eric Klausch und 62 jungen Menschen aus 35 Nationen durfte sie im Dritten Ausschuss der UN-Gene­ral­ver­samm­lung in New York im Oktober 2016 eine kurze Rede halten. Sie infor­mierten andere Mitglieds­staaten über Forde­rungen und Visionen von Jugend­li­chen in Deutsch­land. Zur Vorbe­rei­tung darauf trafen die beiden im Sommer diesen Jahres auf einer Rund­reise in Deutsch­land Jugend­liche in unter­schied­lichsten Regionen – über Vereine, Partei­ju­genden und ein Kinder-Camp. Katha­rina beob­achtet eine Tendenz: Die Jugend schwankt zwischen Welteifer und Resi­gna­tion. Der Indi­vi­dua­lismus wecke den Wunsch nach gemein­samen Bewe­gungen wieder zum Leben. Ereig­nisse wie der Brexit würden jedoch zu neuen Grenzen führen und irri­tieren.

Politik muss Türen öffnen

Tatsache sei, dass gerade die junge Gene­ra­tion nie vernetzter war als heute. Wie lassen sich dann zuneh­mend natio­nale Tendenzen erklären? Sie sind eine Folge der immer komple­xeren Welt­zu­sam­men­hänge“, über­legt Katha­rina. Es sei einfa­cher für den Fehler eine schnelle Antwort zu finden. Eine Bieder­meier-Tendenz mit dem Rückzug ins Private und Natio­nale sei zudem eine Antwort auf fehlendes Vertrauen in die Politik. Hier darf der poli­ti­sche Diskurs aber nicht abbre­chen“, betont Katha­rina. Vor diesem Hinter­grund sei es beson­ders wichtig, Jugend­liche an Politik teil­haben zu lassen, Türen zu öffnen und zum Gespräch einzu­laden: Poli­tiker und Poli­ti­ke­rinnen sind auch Menschen, und keine unbe­rühr­bare Über­macht.“ Eine Fünf-Minuten-Rede zweier junger Leute vor der UN sei nicht das, was die Welt bewegt, ergänzt die UN-Jugend­de­le­gierte, aber es entstehe ein Grund­rau­schen. Es lässt sich unmög­lich leugnen, dass junge Menschen jetzt dabei sind und mitmi­schen.“ Sie alle wollen den Staa­ten­ver­band trans­pa­renter und effek­tiver sehen. Laut Katha­rina muss deut­lich mehr getan werden für Nach­hal­tig­keit und die Gleich­be­hand­lung der Geschlechter. Beson­ders Letz­teres befinde sich in einem sehr starken Aushand­lungs­pro­zess, ergänzt sie.

Der Wille zum Wandel

Die 23-Jährige ist sich bewusst, dass sie als deut­sche Dele­gierte aus einer privi­le­gierten Posi­tion heraus spricht: Wo andere Dele­gierte den Zugang zu lebens­not­wen­digen Ressourcen fordern, wollen sie und Eric mehr poli­ti­sche Bildung für das Land. Aber sie habe in Unter­hal­tungen mit UN-Jugend­ver­tre­tenden aus aller Welt gespürt, dass etwas brennt: der Wille, den Status Quo als starke Gemein­schaft zu verän­dern. Katha­rina hat viele Freund­schaften geschlossen in dieser Zeit. Für junge Enga­gierte aus Tansania, dem Sudan, Kolum­bien und Nepal haben die beiden mit den ehema­ligen Dele­gierten Carina Lange und Alex­ander Kauschanski vor der YouthCon in Bonn einen Work­shop orga­ni­siert, um ihre Erfah­rungen weiter­zu­geben und Jugend­de­le­gier­ten­pro­gramme im Aufbau zu unter­stützen.

Katha­rina ist eine souve­räne junge Frau, mit klarer Stimme und aufrechter Haltung – sie hat inzwi­schen gelernt, ihre Worte auszu­wählen und ihre Ideen zu verbreiten. Beim Zuhören glaubt man nicht, dass sie das geputzte Parkett oder die ledernen Büro­stühle dring­lich sucht. Gerade hat Katha­rina ihr Bache­lor­stu­dium in Public Manage­ment in Berlin beendet und plant gerade ihren Master in Public Policy. Profile wie ihres haben Aufstiegs­chancen bei inter­na­tio­nalen Orga­ni­sa­tionen. Eher als für die Gene­ral­ver­samm­lung kann sie sich vorstellen für UN-Programme zu arbeiten, etwa für UN Woman und die Stär­kung von Frau­en­rechten welt­weit. Das ist der Wandel, der sie sein möchte.

Weitere Infor­ma­tionen zum UN-Jugend­de­le­gier­ten­pro­gramm findet ihr hier. Bewer­bungs­schluss für das Jahr 2017 ist der 9. Januar 2017.


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