Frieden als oberstes Ziel

Datum
11. März 2018
Autor*in
Marlene Jacobsen
Thema
#EWLako18
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© Erik-Holm Langhof
Was kann jeder von uns für ein fried­li­ches Mitein­ander tun? Was bedeutet eigent­lich Konflikt­trans­for­ma­tion“ – und wie funk­tio­niert sie? Das hat Marlene Jacobsen im Gespräch mit Chris­toph Bongard vom Forum ziviler Frie­dens­dienst“ heraus­ge­funden.

Was kann jeder von uns für ein fried­li­ches Mitein­ander tun? Was bedeutet eigent­lich Konflikt­trans­for­ma­tion“ und wie funk­tio­niert sie? Das hat Marlene Jacobsen im Gespräch mit Chris­toph Bongard vom Forum ziviler Frie­dens­dienst“ heraus­ge­funden.

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Die Friedensarbeit lässt Christoph Bongard nicht los. / Bild: Erik-Holm Langhof

In den 1990er-Jahren sieht sich die deut­sche Zivil­ge­sell­schaft vor neuen Heraus­for­de­rungen stehen: aufgrund der Balkan­kriege kommen hundert­tau­sende Flücht­linge nach Deutsch­land. Zusätz­lich sorgen die ersten Auslands­ein­sätze der Bundes­wehr für Skepsis inner­halb der Bevöl­ke­rung und den Wunsch nach einer alter­na­tiven Frie­dens­po­litik. So entsteht das Forum ziviler Frie­dens­dienst (forumZFD)“ mit dem Ziel, Konflikt­trans­for­ma­tion in Krisen­re­gionen zu leisten. Was das bedeutet, erklärt Chris­toph Bongard. Er arbeitet seit zwölf Jahren für das forumZFD und ist als Leiter der Abtei­lung Kommu­ni­ka­tion beispiels­weise für Öffent­lich­keits- und Aufklä­rungs­ar­beit zuständig. Konflikt­trans­for­ma­tion beschreibt er als lang­fris­tigen Prozess, der die hinter einem Konflikt stehenden Miss­stände auf eine gewalt­freie Weise verbes­sert. Dabei sei es wichtig, alle Betei­ligten zu invol­vieren und den Konflikt nicht verhin­dern oder möglichst schnell lösen zu wollen. Auf diese Weise werde ein Streit beispiels­weise nicht nur geschlichtet, sondern im besten Fall werde die Ausgangs­si­tua­tion verbes­sert, sagt Bongard. Demnach müssten Konflikte nicht als schlecht wahr­ge­nommen werden, da die Ausein­an­der­set­zung mit ihren Hinter­gründen für Betei­ligte viel verbes­sern könne.

Enga­ge­ment im Balkan und im Nahen Osten

Um genau das zu errei­chen, entsendet das Forum ziviler Frie­dens­dienst Fach­kräfte in Konflikt­re­gionen, wo diese mit lokalen Orga­ni­sa­tionen zusam­men­ar­beiten. Dieses Enga­ge­ment geht über das Ende von Kriegen hinaus, indem danach an der Aufar­bei­tung von Verbre­chen und Unge­rech­tig­keiten gear­beitet wird. Darauf aufbauend fördert das forumZFD beispiels­weise die Begeg­nung von Serben und Koso­varen, um alte Feind­bilder abzu­bauen. Wichtig ist auch, die Entste­hung von Konflikten durch Präven­ti­ons­ar­beit zu verhin­dern. Dafür betei­ligt sich das forumZFD im Libanon, wo viele Städte zehn­tau­sende Syrer aufge­nommen haben. Um aus dieser schwie­rigen Situa­tion eine neue Gemein­schaft zu schaffen, bildet das forumZFD Sozi­al­ar­beiter und Sozi­al­ar­bei­te­rinnen aus, die gemein­same Projekte für Liba­nesen, Liba­ne­sinnen, Syre­rinnen und Syrer veran­stalten. Weitere Projekte in Jorda­nien und der Ukraine sind bereits geplant.

Während­dessen wird hier in Deutsch­land die Frage über die Gestal­tung solcher inter­na­tio­naler Frie­dens­för­de­rung heiß disku­tiert. Dies­be­züg­lich hat das Forum ziviler Frie­dens­dienst eine klare Forde­rung an die neue Bundes­re­gie­rung: die Rüstungs­exporte tatsäch­lich zu redu­zieren. Darüber hinaus fehle im Koali­ti­ons­ver­trag ein frie­dens­po­li­ti­sches Leit­bild“, das den Frieden als oberstes Ziel defi­niere und über kurz­fris­tige Sicher­heits­in­ter­essen stelle. Zurzeit werde am meisten Geld und Aufmerk­sam­keit in die Länder inves­tiert, aus denen die meisten Flücht­linge nach Deutsch­land kommen. Doch Flucht­ur­sa­chen­be­kämp­fung sei nicht gleich lang­fris­tige Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit. Daher wollen Chris­toph Bongard und seine Kollegen vom Forum ziviler Frie­dens­dienst“ weiterhin Lobby­ar­beit betreiben.

Plädoyer für respekt­vollen Umgang

Wer jetzt den Eindruck hat, dass das Schaffen von Frieden nur auf poli­ti­scher Ebene statt­findet, der irrt. Denn jeder und jede Einzelne kann durch eine respekt- und verständ­nis­volle Umgangs­weise zwischen­mensch­lich zu Frieden beitragen. Laut Chris­toph Bongard ist hierfür die Fähig­keit, sich in andere hinein­zu­ver­setzen, funda­mental. Perspek­ti­ven­wechsel in Konflikten geben allen Betei­ligten das Gefühl, gehört zu werden – die Grund­lage für eine konstruk­tive Ausein­an­der­set­zung mit der jeder Proble­matik. Das erfor­dert natür­lich auch bestehende Unge­rech­tig­keiten ehrlich anzu­spre­chen und nicht zu schweigen“. Genau das tun Orga­ni­sa­tionen wie das Forum ziviler Frie­dens­dienst und Menschen wie Chris­toph Bongard.


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