Blick­wechsel – Die Presse aus Sicht des Jugend­amtes

Datum
30. März 2017
Autor*in
Ema Jerkovic
Thema
#djht17
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Pres­se­kon­fe­renzen sind ein großer Teil der Öffent­lich­keits­ar­beit von Ämtern – auch in der Kinder- und Jugend­hilfe. Doch wie agieren diese im Krisen­fall? Ema Jerkovic hat die Seiten gewech­selt und sich als Mitar­bei­terin eines Jugend­amtes in einem Plan­spiel versucht.

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Ema Jerkovic im Gespräch mit ihrer Partnerin während dem Workshop. Foto: Anna Rakhmanko

Ein sieben­jäh­riges Mädchen, Julia, kann nicht von der Mutter erzogen werden, lebt bei einer Pfle­ge­fa­milie und wird vom Jugendamt betreut. Das Kind scheint endlich behütet aufzu­wachsen. Dann der Schock! Julia wurde von ihrem Pfle­ge­vater schwer miss­han­delt und auf dem Balkon ausge­sperrt. Die Presse weiß durch die tägli­chen Poli­zei­mit­tei­lungen über den Fall Bescheid und möchte die Menschen infor­mieren. Doch wie geht das Jugendamt nun in der Öffent­lich­keit mit dem Fall um? Für Jour­na­listen und Jour­na­lis­tinnen ist es wichtig, viele und verläss­liche Infor­ma­tionen über das berich­tende Thema zu erhalten. Eine große Hilfe sind dabei Pres­se­kon­fe­renzen, vor allem in akuten Situa­tionen, so genannten Krisen. Für die infor­ma­ti­ons­ge­benden Stellen sind diese Konfe­renzen ein großer Aufwand und auch ein Risiko. Während des 16. Kinder- und Jugend­tages in Düssel­dorf wird speziell ein Work­shop zu diesem Thema für Fach­kräfte in Jugend­äm­tern ange­boten.

Notfall üben

Als Beispiel wird der oben beschrie­bene Fall verwendet. Die Teil­neh­menden werden in Zweier – und Drei­er­gruppen einge­teilt und erhalten eine bestimmte Aufgabe. Ich und meine Part­nerin, eine Studentin der Sozialen Arbeit aus Bremen, sind ab sofort stell­ver­tre­tende Fall­ver­ant­wort­liche. Als dieser ist man für das Kind während den Absenz­zeiten des Fall­ver­ant­wort­li­chen zuständig. Laut Akte von Julia war dies in der Zeit vor der Tat häufig so. Weitere Posi­tionen sind zum Beispiel Pres­se­spre­chende, Sozi­al­de­zer­nenten, Leitende des Fach­be­reichs von Jugend und Familie oder Bezirks­grup­pen­lei­tende.

Plötz­lich Fall­ver­ant­wort­liche

Geleitet wird der Work­shop von Falk Wellman und Bernd Weber, beide Diplom-Jour­na­listen und in der Vergan­gen­heit schon als Pres­se­spre­cher zahl­rei­cher öffent­li­cher Insti­tu­tionen tätig. Bevor der Fall weiter bespro­chen wird, zeigen die beiden, welches nega­tive Bild die Presse allge­mein vom Jugendamt zeichnet. Auf einmal befinde ich mich auf der anderen Seite. Statt selber die Presse zu sein, muss ich nun die Presse zufrieden stellen.

Ich wundere mich tatsäch­lich über ein striktes Verbot mit der Presse zu reden, denn schließ­lich sind Jour­na­listen und Jour­na­lis­tinnen auf fach­liche Aussagen verschie­denster Personen ange­wiesen. Als stell­ver­tre­tende Fall­ver­ant­wort­liche sind mir somit die Hände gebunden.

Weiterhin ist es den beiden Work­shop­lei­tenden sehr wichtig, dass eine Pres­se­kon­fe­renz von Seiten des Jugend­amtes so bald wie möglich statt­findet. Denn dieses sollte erster Ansprech­partner sein und während der Dauer der Bericht­erstat­tung auch bleiben. Ansonsten, so Wellman und Weber, kontak­tiert die Presse unter Umständen andere Quellen, wie Nach­barn oder behan­delnden Kinder­ärzte. Persön­lich fand ich dieses Denken ein wenig idea­lis­tisch. Jour­na­listen und Jour­na­lis­tinnen fangen bei sorg­fäl­tiger Arbeit das Gesamt­bild der Situa­tion auf und infor­mieren sich bei zahl­rei­chen Stellen – unab­hängig davon ob eine Pres­se­kon­fe­renz statt­findet oder nicht.

Pres­se­kon­fe­renz abge­sagt

Nichts leugnen, was nicht zu leugnen ist, wir sind zuständig“, sind die letzten Worte der Experten vor der Pres­se­kon­fe­renz. Solche Work­shops werden auch ganz­tags als Feuer­wehr­übung“ in Jugend­äm­tern ange­boten. Dabei wird an dieser Stelle eine eigene Pres­se­kon­fe­renz konzi­piert und mit Kameras sowie Jour­na­listen und Jour­na­lis­tinnen geübt. Aus Zeit­gründen wurde aber bei dem Kinder- und Jugendtag in Düssel­dorf nur ein Mitschnitt einer solchen Konfe­renz gezeigt.

Das fand ich sehr schade, da ich gerne auch prak­tisch einmal auf der anderen Seite gestanden wäre. Außerdem gab es keinen Rück­bezug zu dem im Plan­spiel vorge­stellten fiktiven Fall. In dem Video der Pres­se­kon­fe­renz wurde ein anderer Fall vorge­stellt. Nach der Vorstel­lung wurde sehr ange­regt disku­tiert, was falsch gemacht wurde und dann von den Experten kommen­tiert. Nach dieser Diskus­sion been­dete Birgit Zeller, Leiterin des Landes­ju­gend­amtes Rhein­land-Pfalz, mit den Worten Gemeinsam wissen wir alles, aber wir sind nicht immer zusammen“ den fiki­tiven Fall. Viel­leicht können Veran­stal­tungen wie diese Mitar­bei­tern und Fach­kräften dabei helfen, souve­räner mit der Presse umzu­gehen.


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