Big Data und Künst­liche Intel­li­genz – wie die Jugend davon profi­tieren kann

Datum
23. Mai 2019
Autor*in
Zita Hille
Thema
#jungunddigital 2019
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Am 22. Mai fand der zweite von insge­samt vier Vorträgen der #jung­und­di­gital-Reihe des Landes­ju­gend­rings NRW statt, dieses Mal ging es um Big Data und Künst­liche Intel­li­genz. Vertre­tende verschie­dener Jugend­ver­bände waren einge­laden, um gemeinsam über das Thema zu disku­tieren. Zita Hille und Julia Fedl­meier waren dabei und verschaffen einen Über­blick.

Amazons Sprach­as­sis­tent Alexa, perso­na­li­sierte Werbung an jeder digi­talen Ecke und die Sorge, dass das eigene Smart­phone mehr über einen weiß als man selbst: Künst­liche Intel­li­genz und Daten­spei­che­rung im großen Stil machen unser Leben zwar einfa­cher, aber uns als Menschen auch gläserner. Mit diesem Thema beschäf­tigt sich auch Dr. Andreas Bischof, Dozent an der TU Chem­nitz. Dieser sprach in seinem einfüh­renden Vortrag in Essen von Black Box Algo­rithmen“ und zeigte anhand dessen auf, wie man in großen Daten­mengen durch bestimmte Abläufe Gemein­sam­keiten entde­cken kann. Als Beispiel nannte er eine Schule in China, in der eine spezi­elle Kamera instal­liert wurde. Diese scannt alle paar Sekunden die Gesichter der Schü­le­rinnen und Schüler und ordnet ihnen auf Grund­lage von Algo­rithmen fünf verschie­dene Stim­mungen wie beispiels­weise fröh­lich, traurig oder frus­triert zu. Das diene dem Lehr­per­sonal als Feed­back-Tool, ermög­liche aber auch, den Lernenden Verhal­tens­noten zu geben. An diesem Punkt stelle sich jedoch auch die Frage, ob die Nutzung dieses Systems über­haupt erstre­bens­wert sei. In der Kritik steht vor allem, dass die Verwen­dung der Kameras bisher nicht nach­weis­lich zu einem verbes­serten Lern­pro­zess der in dem Raum befind­li­chen Schüler und Schü­le­rinnen geführt hätten. Weniger umstritten ist, dass es die Aufmerk­sam­keit der Kinder fördere, ebenso das Denken: Man müsse sich stei­nerne Mienen antrai­nieren, um gute Noten zu erhalten.
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Dr. Andreas Bischof von der TU Chemnitz wurde hier nur von einer normalen Kamera fotografiert.

Netflix weiß Bescheid Der zweite Vortrag wurde von Katha­rina Nocun gehalten, Netz­ak­ti­vistin und Blog­gerin, bekannt unter dem Namen katto­scha“. Sie refe­rierte über Privat­sphäre in der Jugend und dass Daten viel mehr wert seien, als uns allen eigent­lich bewusst ist. Für ihr Buch­pro­jekt Die Daten, die ich rief“ hat sie bei großen Unter­nehmen wie Amazon oder Netflix nach ihren eigenen Daten­sätzen gefragt, die sie nach dem mona­te­langen Wechsel von E‑Mails schließ­lich zuge­schickt bekam. Dabei stellte heraus, dass die Groß­un­ter­nehmen deut­lich mehr von ihr wussten, als sie eigent­lich erwartet hatte. Beispiels­weise habe Netflix genaus­tens gespei­chert, wann und von welchem Ort sie eine Serie pausiert oder zurück­ge­spult hatte. So könnten besagte Strea­ming­dienste zum Beispiel nach­ver­folgen, welche Szenen bewusst wieder­holt ange­sehen wurden. Über ihre Amazon-Daten konnte Nocun genau rekon­stru­ieren, wo sie sich zu welcher Zeit befunden hatte – bei ihren Eltern, im Urlaub oder auf der Arbeit. Sie stellte bei ihrem Vortrag aber auch in den Raum, ob anhand der Klicks durch den Click­stream tatsäch­lich ein reali­täts­ge­treues Abbild der persön­li­chen Präfe­renzen erzeugt werden könne: Aus Recher­che­zwe­cken google Nocun zum Beispiel häufig nach Menschen, die mit der AfD sympa­thi­sieren, was Amazons Algo­rithmen auf eine falsche Fährte führe und ihr Kauf­vor­schläge mache, die nichts mit ihrem persön­li­chen Geschmack zu tun haben.
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Katharina Nocun, Netzaktivistin und Bloggerin, war schockiert über den Umfang der ihrer bei Großunternehmen gespeicherten Datensätze.

Bewusst­sein als erster Schritt Die Frage, wie viel man von sich preis­gibt und wie stark man durch den Staat, etwaige Insti­tu­tionen und Unter­nehmen über­wacht“ werden will, beschäf­tigte die Teil­neh­menden auch bei den anschlie­ßenden Diskus­si­ons­runden. Disku­tiert haben sie vor allem über mögliche poli­ti­sche Forde­rungen zum Thema Daten­schutz, es wurden aber auch Über­le­gungen darüber ange­stellt, wie man das Bewusst­sein über den Verbleib seiner Daten noch stärker in der Medi­en­päd­agogik veran­kern könne. Natür­lich kam auch die Frage auf, was Big Data und KI eigent­lich mit einem selbst als Indi­vi­duum zu tun haben. Zu einem endgül­tigen Ergebnis dieser Diskus­sionen kamen die Teil­neh­menden nicht, aber einigten sich zumin­dest darauf, dass bereits die Aufklä­rung von Jugend­li­chen über einen verant­wor­tungs­vollen Umgang mit Daten zu einem reflek­tier­teren Nutzungs­ver­halten anrege. Viel­leicht, so resü­mieren sie, ist der erste Schritt ja sich bewusst zu werden, wie viel die eigenen Daten eigent­lich wert seien und was es bedeute, Spuren im Netz zu hinter­lassen. Die nächste Veran­stal­tung zum Thema Jugend­kultur digital und Medi­en­nut­zung: Wie wir neue Medien für unsere Arbeit einsetzen können“ findet am 8. Oktober in Essen statt, erneut im Haus der Technik.

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