#AGHW21: SPD gewinnt Wahl­krimi in Berlin

Datum
28. September 2021
Autor*in
Laura Strübbe und Samantha Tirtohusodo
Themen
#AGHW21 #Wahlen
Spitzenkandidatin SPD Berlin Franziska Giffey auf der Wahlparty der SPD Berlin am 26.09.21

Spitzenkandidatin SPD Berlin Franziska Giffey auf der Wahlparty der SPD Berlin am 26.09.21

Foto: Jugendpresse Deutschland / Victor Martini
Die SPD geht mit Fran­ziska Giffey als stärkste Kraft aus der Wahl für das Abge­ord­ne­ten­haus hervor. Berliner*innen stimmten dazu noch für Enteig­nung. Was die Haupt­stadt bewegt – poli­ti­ko­range ist nah dran.

Die SPD geht mit Fran­ziska Giffey als stärkste Kraft aus der Wahl für das Abge­ord­ne­ten­haus hervor. Berliner*innen stimmten auch für die Enteig­nung von Wohn­kon­zernen – was die Haupt­stadt bewegt.

In der Wahl­nacht boten sich SPD und Grüne ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach ersten Prognosen lag die Grünen Spit­zen­kan­di­datin Bettina Jarasch vorerst knapp vor Fran­ziska Giffey. Laut des vorläu­figen amtli­chen Endergeb­nisses konnte die SPD ihre Führung im Roten Rathaus aber vertei­digen. Mit 21,4 (21,6) Prozent der Wähler­stimmen wird Fran­ziska Giffey voraus­sicht­lich Regie­rende Bürger­meis­terin Berlins.

Die Grünen erzielten mit 18,9 (15,2) Prozent ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Berliner Abge­ord­ne­ten­haus­wahl. Dritt­stärkste Partei ist die CDU mit 18,1 (17,9) Prozent, gefolgt von den Linken mit 14,0 (15,6) Prozent. Die FDP erzielte seit der Abge­ord­ne­ten­haus­wahl 2001 ihr höchstes Ergebnis in Berlin. Die größten Verluste machte die AfD. Die Partei rutschte auf 8,0 (14,2) Prozent.

Berliner*innen sagen Ja zum Volks­ent­scheid

Am Sonntag stimmte die Mehr­heit der Berliner*innen, 56,4 Prozent, in einem Volks­ent­scheid auch für die Enteig­nung von Immo­bi­lien-Groß­kon­zernen. 39,0 Prozent lehnten das Vorhaben ab. Somit erreichte die Initia­tive das nötige Mindest­quorum für die Zustim­mung von einem Viertel der Wahl­be­rech­tigten.

Die Initia­tive Deut­sche Wohnen & Co. enteignen“ will Immo­bi­li­en­kon­zerne in Berlin mit mehr als 3.000 Wohnungen enteignen. Rund 240.000 Wohnungen sollen gegen eine Entschä­di­gung verge­sell­schaft­licht werden. Die Berliner Regie­rung ist nun dazu aufge­for­dert, einen Geset­zes­ent­wurf über die Enteig­nung zu entwerfen. Recht­lich bindend ist dieses Votum für den Senat aller­dings nicht. Unsere Autorin Lena Rückerl kommen­tiert die drin­gend nötige Dynamik einer solch direkten Demo­kratie.

Bildet das Wahl­er­gebnis Berlin ab?

Mehr als ein Drittel der Berliner Bevöl­ke­rung ist nicht wahl­be­rech­tigt. Rund 175.000 Unter­schriften musste auch die Initia­tive Deut­sche Wohnen & Co. enteignen“ von ihren Listen strei­chen. Laut des Amts für Statistik Berlin-Bran­den­burg sind 1.299.269 Einwohner*innen ohne Wahl­recht. Für poli­ti­ko­range-Redak­teurin Lisa Beusch stellt sich die Frage, wie reprä­sen­tativ das Wahl­er­gebnis dann über­haupt für Berlin ist. Sie hat mit Brasi­lia­nerin Isabel Pearce und Grünen-Poli­tiker Enad Alta­weel gespro­chen. Beide enga­gieren sich in der Haupt­stadt so gesehen ehren­amt­lich – ohne Stimm­recht. 

Verkehr und Inklu­sion – poli­ti­ko­range setzt Themen

Die zweite Gruppe der Menschen ohne Wahl­recht machen, nach solchen ohne deut­sche Staats­bür­ger­schaft, Kinder und Jugend­liche unter 18 Jahren aus. Unter den 100.000 Menschen gingen sie am 24. September für Klima­ge­rech­tig­keit auf die Straßen Berlins. Auto­freier S‑Bahnring bis 2025, 100 Prozent erneu­er­bare Strom- und Wasser­ver­sor­gung bis 2030 – die Protest­be­we­gung Fridays for Future“ fordert Klima­neu­tra­lität in Berlin und das am besten bis über­morgen. Dem im Weg steht der Ausbau der A100. Kilo­meter neuer Asphalt mitten durch Berlin – femi­nis­ti­sche Verkehrs­po­litik sieht anders aus. Wie genau, analy­siert poli­ti­ko­range-Redak­teurin Paula Bartelt.

Neben der Erwei­te­rung der A100 bewegt die Stadt auch der Ausbau des ÖPNV. 78 Prozent der 175 U‑Bahnhöfe sind laut BVG stufenlos zu errei­chen, 73 Prozent haben ein Blin­den­leit­system. Berlins Nahver­kehrs­plan sieht vor, den ÖPNV bis zum 1. Januar 2022 voll­ständig barrie­re­frei zu gestalten.

Barrie­re­frei­heit ist unter anderem eine Voraus­set­zung für soge­nannte Schwer­punkt­schulen. Für die vergan­gene Legis­la­tur­pe­riode hatte sich der Senat unter Sandra Scheeres (SPD) vorge­nommen, 36 solcher inklu­siven Schulen einzu­richten – 20 sind es geworden. Dies ließe die aufrich­tige Inklu­sion von Menschen mit kogni­tiven oder physi­schen Einschrän­kungen in immer weitere Ferne rücken, so Jasmin Nimm­richs. Unsere Redak­teurin fordert eine Zukunft, die nicht nur inte­griert, sondern inklu­diert.

Bleibt Berlin Rot-Rot-Grün?

Giffey sagte gegen­über dem Fern­seh­sender phoenix, es gebe ein klares Votum für SPD und Grüne, damit müsse umge­gangen werden. Eine Fort­füh­rung der rot-rot-grünen Koali­tion ist rech­ne­risch weiterhin möglich. Mengen­mäßig sicherer wäre die Kenia-Koali­tion aus SPD, Grünen und CDU. Die Dauer der Verhand­lungen steht so oder so noch offen.


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