Wenn Worten Taten folgen

Datum
08. Oktober 2015
Autor*in
Annika Elisabeth Althoff
Thema
#ZukunftsTour 2016
Das Bayrische SDG Oktoberfestherz
Foto: Annika Althoff

Das Bayrische SDG Oktoberfestherz Foto: Annika Althoff

Das Bayrische SDG Oktoberfestherz
Foto: Annika Althoff

Die neuen UN-Entwick­lungs­ziele sind verab­schiedet – gelebte Realität müssen sie noch werden. Ehrgei­zige 17 Entwick­lungs­ziele regen Hoff­nung, aber auch leise Zweifel, ob dies bis zum Jahr 2030 poli­tisch möglich ist. In der Poli­ti­k­arena auf der Zukunfts­tour in München über­wiegen Zuver­sicht und Taten­drang.

Die Leit­frage der Diskus­sion: Die neuen Entwick­lungs­ziele – Was können wir in Bayern dafür tun?“ müssen sich diesmal alle Länder stellen. Denn mit den neuen UN-Zielen sind zum ersten Mal auch die Indus­trie- und Schwel­len­länder zum sozialen und ökolo­gi­schen Enga­ge­ment in ihrem Land aufge­rufen. Vor den soge­nannten Sustainable Deve­lo­p­ment Goals oder kurz SDGs sind alle Länder Entwick­lungs­länder – so auch Deutsch­land.

Die Bayrischen SDGs werden an Staatsministerin Merk übergeben.
Foto: Annika Althoff

Die Bayrischen SDGs werden an Staatsministerin Merk übergeben.Foto: Annika Althoff

Wo in Bayern Hand­lungs­be­darf besteht, hat das Eine-Welt-Netz­werk-Bayern schon in einem Dialog­pro­zess ermit­telt. Die Ergeb­nisse sind als Bayri­sche SDGs zusam­men­ge­fasst und dienen der Politik als Arbeits­grund­lage. Sie wurden feier­lich an Staats­mi­nis­terin Merk über­geben, bevor Ursula Heller, Jour­na­listin und Mode­ra­torin auf dem Podium begrüßte: Wolf­gang Groß, hume­dica e.V., Kauf­beuren, Susanne Horn, Neumarkter Lamms­bräu, Dr. Beate Merk, Staats­mi­nis­terin für Euro­pa­an­ge­le­gen­heiten und regio­nale Bezie­hungen, Dr. Alex­ander Funari, Eine-Welt-Netz­werk-Bayern e.V. und Thomas Silber­horn, Parla­men­ta­ri­scher Staats­se­kretär beim Bundes­mi­nis­te­rium für wirt­schaft­liche Zusam­men­ar­beit und Entwick­lung.

von links: Wolfgang Groß, Dr. Beate Merk, Ursula Heller, Thomas Silberhorn, Susanne Horn, Dr. Alexander Funari
Foto: Annika Althoff

von links: Wolfgang Groß, Dr. Beate Merk, Ursula Heller, Thomas Silberhorn, Susanne Horn, Dr. Alexander FunariFoto: Annika Althoff

Schnell helfen und Entwick­lungen nutzen

Zunächst herrscht Einig­keit am Podium, denn alle wollen etwas bewegen. Wir müssen versu­chen, den Schwung aus New York mitzu­nehmen.“, fasst Staats­se­kretär Silber­horn die Stim­mung in Worte und über­rascht mit Selbst­kritik: Wir dürfen nicht wegschauen, bis uns die Probleme einholen, sondern müssen früher und entschie­dener handeln als bisher.“ Flücht­lingen habe man zum Beispiel erst geholfen, als sie in Deutsch­land ankamen. Ob er sich auch aktiv für seine Forde­rung einsetzen wird? Denn es ist eine Baustelle der Politik, Hilfs­or­ga­ni­sa­tionen waren von Beginn an vor Ort. Im Libanon sind wir seit 2012 tätig und versorgen 15 000 Flücht­linge im Quartal.“, berichtet Groß von der Hilfs­or­ga­ni­sa­tion hume­dica. Gehört worden seien sie aber erst, seit die Medien davon berichten. Neben unmit­tel­barem Handeln in Krisen­zeiten sollten auch diese medialen Konjunk­turen genutzt werden, erwei­tert Funari vom Eine-Welt-Netz­werk den Hand­lungs­vor­satz des Poli­ti­kers. Dann sei das Enga­ge­ment der Bevöl­ke­rung immer beson­ders groß, aber Verwal­tung und Politik hinken hinterher, anstatt über­holte Struk­turen zu ändern. Funari plädiert dafür, globales Lernen im Bildungs­be­reich zu stärken, denn dann würden Aspekte der Nach­hal­tig­keit in Zukunft auch selbst­ver­ständ­lich mitge­dacht.

Wie Nach­hal­tig­keit funk­tio­nieren kann

Auch das Publikum in München fordert mehr Transparenz.
Foto: Annika Althoff

Auch das Publikum in München fordert mehr Transparenz.Foto: Annika Althoff

Gerade Unter­nehmen denken oft noch sehr kurz­fristig. Die ökolo­gi­schen und sozialen Folge­kosten muss dann die Gesell­schaft tragen. Dass auch nach­hal­tiges Wirt­schaften möglich ist, zeigt die Brauerei Neumarkter Lamms­bräu. Sie stellen ihre Lebens­mittel so her, dass die Natur dabei erhalten bleibt oder sogar in einen besseren Zustand versetzt wird. Dass einige Brauereikolleg*innen nicht wissen, wo ihre vier Rohstoffe herkommen, versteht Geschäfts­füh­rerin Horn nicht. Auch Funari vom Eine-Welt-Netz­werk pocht auf Trans­pa­renz und fordert härtere Strafen, wenn Unter­nehmen die Sozial- oder Umwelt­stan­dards nicht einhalten. Vor allem die Verbände seien in der Vergan­gen­heit stehen geblieben. Die Verei­ni­gung der Bayri­schen Wirt­schaft traut sich bis heute nicht, öffent­lich zu sagen: Wir und unsere Unter­nehmen haben eine Verant­wor­tung für das, was wir machen bis in die letzte Liefer­kette. Das würde ich mir drin­gend wünschen.“, so Funari. Staats­se­kretär Silber­horn fordert hier hingegen mehr Verständnis und argu­men­tiert mit oftmals komplexen Liefer­ketten. Außerdem würden Verbände sehr unter­schied­liche Inter­essen vertreten müssen. Um globale Struk­turen dennoch verän­dern zu können, braucht es Bünd­nisse, ist er über­zeugt und verweist auf das erfolg­reiche Textil­bündnis.

Wie geht es jetzt weiter?

Bei der Frage, welche weiteren Bran­chen nach der Textil­in­dus­trie geplant seien, wech­selt Staats­mi­nis­terin Merk mit zwei Sätzen in die Vergan­gen­heit und erzählt von einigen erfolg­rei­chen Projekten. Sie hat aber eine Stra­tegie für die Umset­zung der Bayri­schen SDGs: anschauen, über­prüfen und Unpro­ble­ma­ti­sches schnell umsetzen. Es würden aller­dings, wie schon bei der Zukunfts­charta, leider nicht alle Ziele von der Regie­rung aufge­nommen, lässt Funari in der sonst so harmo­ni­schen Diskus­sion Konflikt­punkte erkennen. Reform­wün­sche der Bevöl­ke­rung zur Ände­rung der Rüstungs­po­litik, die auch in Zusam­men­hang mit der Flücht­lings­po­litik steht, wurden abge­lehnt. In manchen Dingen werden wir nicht einer Meinung sein.“, erwi­dert Merk diplo­ma­tisch. Sie vertreten Ihre Anliegen mit großer Wärme, aber ich vertrete viele verschie­dene Inter­essen.“

Das Austragen dieser oft entge­gen­ge­setzten Inter­essen wird entschei­dend sein, für eine trag­fä­hige Lösung. Dabei sind einzelne Unter­nehmen wie Neumarkter Lamms­bräu als Vorbilder genauso wichtig, wie NGOs und Zivil­ge­sell­schaft, die den Verant­wort­li­chen auf die Finger schauen. Schließ­lich gibt es zwar alle vier Jahre Berichte über die Umset­zung der Ziele, aber jegli­cher Einsatz ist letzten Endes frei­willig. Wie wichtig die Ziele tatsäch­lich genommen werden, wird man also an ihrer Umset­zung sehen können.


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