Weg damit – doch wohin?

Datum
02. Juli 2016
Autor*in
Nathalie Bockelt
Thema
#ZukunftsTour 2016
recycling zeichen

recycling zeichen

240 Millionen Tonnen Plastik werden welt­weit jähr­lich produ­ziert, ein Drittel davon für Verpa­ckungen. Doch Recy­cling ist oft teuer – und nicht unbe­dingt gut fürs Klima.

recycling tonnen

Der Inhalt von Recycling-Tonnen ist in vielen Ländern unterschiedlich. Bild: Zaf (commons.wikipedia.org, CC-BY-NC 3.0)

Noch ist der Gelbe Sack leer, ein Bild davon hängt an einer grauen Pinn­wand. Doch schon bald disku­tieren knapp zwei Dutzend Schüler*innen, was rein­ge­worfen werden darf und was nicht. Joghurt­be­cher natür­lich, Dosen bestimmt auch, doch was ist mit Eimern und Klei­der­bü­geln? Die Deut­schen sind Welt­meister im Müll­trennen, und doch herrscht Ratlo­sig­keit. Dr. Dirk Grün­hoff, Refe­rats­leiter im rhein­land-pfäl­zi­schen Umwelt­mi­nis­te­rium, will Aufklä­rung leisten.

Gegen die wach­senden Müll­berge

Mit der Verpa­ckungs­ord­nung führte Deutsch­land im Jahr 1991 die Müll­tren­nung und ihr Marken­zei­chen, den Grünen Punkt, ein. Die Verord­nung verpflichtet die Hersteller, die Kosten für das Recy­cling ihrer Verpa­ckungen zu tragen. Über den Preis landen diese jedoch letzt­end­lich beim Verbrau­cher. Seitdem recy­celn die Deut­schen fleißig: 96 Prozent geben an, ihren Müll zu trennen.

Bei Papier und Glas funk­tio­niert dieses Prinzip gut, mehr als 80 Prozent des Mülls werden tatsäch­lich wieder­ver­wendet. Proble­ma­tisch sind Verpa­ckungen aus Plastik und ähnli­chen Mate­ria­lien. Wir entsorgen Kunst­stoffe im Gelben Sack, die da nicht rein­ge­hören“, sagt Grün­hoff. Zahn­bürsten etwa hätten darin nichts zu suchen. In Groß­städten landet etwa die Hälfte des Mülls in der falschen Tonne. Die Sortie­rung von Kunst­stoffen ist aufwendig und teuer.

Recy­cling ist nicht gleich Recy­cling

Vorsicht ist daher beim Voka­bular geboten. Der Verwer­tung zuge­führt“ bedeutet nicht, dass der Müll tatsäch­lich recy­celt wird. Im Gegen­teil, zwei Drittel des Gelben Sack-Mülls werden verbrannt, sprich der ener­ge­ti­schen Verwer­tung“ zuge­führt, erklärt Grün­hoff. Daraus entsteht dann Fern­wärme und Strom. Dank neuer Tech­no­lo­gien seien die Umwelt­aus­wir­kungen heute kleiner, erklärt er. Laut Green­peace ist beispiels­weise die Dioxin­be­las­tung seit den 1990ern stark gesunken. Müll hat zudem eine deut­lich bessere Ökobi­lanz als Braun­kohle und eignet sich als wert­voller Ersatz­brenn­stoff.

Abhilfe in all dem Recy­clings­wirr­warr könnte ein Wert­stoff­ge­setz schaffen, das die Müll­tren­nung verein­fa­chen und anspruchs­volle Recy­cling­quoten fest­legen soll. Doch Grün­hoff räumt dem Gesetz nur geringe Chancen ein. Erst vor wenigen Wochen schei­terte ein Arbeits­ent­wurf des Bundes­um­welt­mi­nis­te­riums bei einer internen Abstim­mung. Strittig sind neben der Finan­zie­rung des Gesetzes auch die Zustän­dig­keiten von Kommunen und Privat­wirt­schaft.

Eine müll­freie Zukunft?

Ange­sichts dieser Probleme fragen bei dem Work­shop auch einige Schüler*innen, warum viele Länder nicht einfach ganz auf Verpa­ckungen verzichten. Ein bekanntes Ärgernis etwa sind in Plas­tik­folie einge­schweißte (Bio-)Gurken. So einfach sei das nicht, erklärt Grün­hoff, denn bei Lebens­mit­teln gebe es unter anderem Hygie­ne­richt­li­nien, die einge­halten werden müssen. Auch Aspekte wie Trans­port und Lage­rung spielen eine Rolle. Gurken bleiben in Folie verpackt zwei bis drei Tage länger frisch – und verschrum­peltes Obst und Gemüse lassen die Verbraucher*innen erfah­rungs­gemäß in den Regalen liegen.

Besser als Müll­tren­nung sei natür­lich, Müll zu vermeiden, erklärt Grün­hoff. Das hat seinen Preis: Wir müssen bereit sein, mehr Geld zu zahlen.“ Mehr­weg­fla­schen seien sinn­voll, und seit einer Weile eröffnen in vielen deut­schen Städten Unverpackt“-Läden, die lose Produkte anbieten. Grün­hoff fordert darüber hinaus ein Umdenken bei Lebens­mit­teln. Nicht jeder Joghurt werde sofort schlecht: Das Mindest­halt­bar­keits­datum ist kein Verfalls­datum.“ In Sachen Müll geht es also um weit mehr als nur Verpa­ckungen. Bewusster Konsum zieht sich durch alle Lebens­be­reiche.


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