Was macht eigent­lich … ein Street Worker?

Datum
31. März 2018
Autor*in
Luisa Ringer und Maria John Sánchez
Thema
#IWgR 2018
Stell Dir vor, Du lebst auf der Straße – allein, ausge­grenzt, ohne Perspek­tive. Niemand glaubt an Dich. Gibt es einen Ausweg? Von Maria John Sánchez und Luisa Ringer.

Obwohl es den meisten Menschen in Deutsch­land relativ gut geht, gibt es immer noch Jugend­liche, die ein Leben auf der Straße führen müssen. Armut und Diskri­mi­nie­rung gehören zu den tagtäg­li­chen Heraus­for­de­rungen. Viele Menschen rutschen dadurch in Drogen­miss­brauch und Krimi­na­lität ab. Aus der Abwärts­spi­rale wieder heraus­zu­kommen ist sehr schwer. Ansprech­part­ne­rinnen und Ansprech­partner sowie Rettungs­anker sind dann oft Street Worker, die den Menschen auch dann noch beistehen, wenn diese sich durch andere Insti­tu­tionen verlassen fühlen.

Street What?!

Street Worker arbeiten – wie der Name es vermuten lässt – haupt­säch­lich auf der Straße. Hier treffen sie sich mit Jugend­li­chen, die zuvor frei­willig auf sie zuge­kommen sind. Typi­sche Aufgaben sind beispiels­weise Geflüch­tete zu Gerichts­ter­minen oder zu Behörden zu begleiten, da diese dort auf Büro­kratie- und Sprach­bar­rieren stoßen.

Häufig werden Geflüch­tete Opfer von Alltags­ras­sismus, beispiels­weise aufgrund eines auslän­disch“ klin­genden Namens. Street Worker helfen ihnen bei der Wohnungs- und Ausbil­dungs­platz­suche. Als Berater stehen sie eben­falls in Asyl­fragen zur Seite oder vermit­teln Jugend­liche mit Drogen­pro­blemen an geeig­nete Thera­pie­stellen. Für andere mag es schon ausrei­chen, dass ihnen während der wöchent­li­chen Sprech­stunde ein offenes Ohr geschenkt wird. Außerdem leisten Street Worker Präven­ti­ons­ar­beit in Form von Work­shops oder Projekten. Manche davon stellen die Jugend­li­chen auch selbst auf die Beine.

Auf den Straßen Berlins

Zwischen­Welten“ ist dabei nur ein Beispiel von vielen. Bei diesem Präven­ti­ons­pro­jekt geht es um Gewalt- und Radi­ka­li­sie­rungs­ten­denzen bei jungen Menschen mit Flucht- und Migra­ti­ons­er­fah­rungen. Seit 2016 setzen sich junge Männer in der Jugend­straf­an­stalt Berlin damit ausein­ander, was es bedeutet, sich zwischen den Welten zu fühlen“. Wie ist es, sowohl eine alte als auch eine neue Heimat zu haben, inmitten verschie­dener Kulturen zu leben? Ihre nicht selten von Krieg und Gewalt geprägten Geschichten können die jungen Männer durch Zeich­nungen, Film, Schreiben, Theater, Graf­fiti oder Rap ausdrü­cken und sich so mit anderen austau­schen. Unter­stützt wird das Projekt von Gangway, einem Berliner Street Worker Verein.

Das Team Wedding von Gangway e.V. orga­ni­siert regel­mäßig Grup­pen­sit­zungen, in denen Mädchen und junge Frauen unter sich sind, oder Film­abende mit anschlie­ßender Diskus­si­ons­runde. So können sich die Betrof­fenen mit Themen wie Rechts­extre­mismus, Rassismus und Diskri­mi­nie­rung ausein­an­der­setzen. Daneben können sie ihre Probleme durch gemein­same Sport‑, Theater‑, Kunst- oder Musik­pro­jekte verar­beiten.

Offen­heit und Verständnis

Street Worker verstehen sich auch als Sprach­rohr der Jugend­li­chen. Sie wollen deren Probleme an die Öffent­lich­keit tragen und sichtbar machen. Im Rahmen der Inter­na­tio­nalen Wochen gegen Rassismus 2017 orga­ni­sierte die Berliner Gruppe Girl What?“ unter anderem die Ausstel­lung Rassismus aus weib­li­cher Sicht“. Diese behan­delt Erfah­rungen über Alltags­ras­sismus von Frauen aus ganz Berlin. Wir wenden uns entschieden gegen Menschen­feind­lich­keit, Rassismus und Ausgren­zung“, heißt es auf der Website von Gangway.

Das Stich­wort bei allen Veran­stal­tungen lautet nied­rig­schwellig“. Das bedeutet, dass möglichst wenig Hürden wie finan­zi­elle Mittel, Sprache oder Vorkennt­nisse die Teil­nahme erschweren. Außerdem haben Empa­thie und Sensi­bi­lität einen hohen Stel­len­wert. Ein Kriegs­film eignet sich zum Beispiel eher weniger für einen Film­abend mit Geflüch­teten. Die Veran­stal­tungen sollen den jungen Menschen einen Schutz­raum ohne soziale Ausgren­zung bieten. Hier können sie offen über ihre Erfah­rungen spre­chen, sich austau­schen und durch gegen­sei­tiges Verständnis ihr Selbst­ver­trauen stärken.

Es gibt also einen Ausweg – in Zusam­men­ar­beit mit Menschen, die kultu­relle Diver­sität als Berei­che­rung für die Gesell­schaft verstehen. Menschen, die den Mut haben, dem Alltags­ras­sismus ins Auge zu blicken. Menschen, die Dir helfen, den Weg in Dein eigen­stän­diges Leben zu finden.