Regio­nale Produkte: Ersatz für die Mango?

Datum
14. Januar 2019
Autor*in
Hannah Dernehl
Thema
#EPjugendforum 2019
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Obst zu jeder Jahreszeit - Wie reflektiert ist der Konsum? Foto: Jonas Gebauer

Es ist Winter, draußen schneit es und du hast Hunger auf eine leckere Mango? Na dann geh einfach in den nächsten Super­markt und kauf dir eine! Wenn du dich selbst verur­teilst, weil dir bewusst ist welchen Weg diese Frucht bewäl­tigt hat und welchen CO2-Ausstoß sie verur­sacht, dann bist du Teil einer kleinen Gruppe, die ihr Kauf- und Konsum­ver­halten tatsäch­lich hinter­fragt. Die Förde­rung regio­naler Produkte könnte eine Lösung gegen genau dieses egois­tisch west­liche Verhalten sein.

Ist es nicht absurd, welchen Früchten wir beim Vorbei­schlen­dern an Obst­re­galen begegnen? Wasser­me­lonen, Bananen, Drachen­früchte – kein Wunsch bleibt uns Konsu­menten offen. Doch nur wenige Menschen hinter­fragen dieses Phänomen des Über­an­ge­bots. Die Konse­quenzen, die der globale Handel mit sich bringen, offen­baren sich nun peu à peu. Das Schmelzen der Pole, extre­meres Wetter und der Anstieg der Treib­haus­gase – alles auch Folgen des Trans­ports von Waren um den ganzen Globus herum. Mit dem Stop von In- und Exports nicht­re­gio­naler Produkte könnten diese Werte sinken und der Klima­wandel zumin­dest vorerst ein wenig nach hinten verzö­gert werden. Die Lösung kann demnach lauten, die Produk­tion und den Verkauf regio­naler Produkte zu fördern, zu maxi­mieren und zu propa­gieren. Vor allem auf euro­päi­scher Ebene wird das immer häufiger disku­tiert.

Der Mensch ist ein Gewohn­heits­tier“

Die verstärkte Förde­rung von regio­nalen Produkte verlangt Unter­stüt­zung von der Wirt­schaft und fest­ge­setzte Preise, die mit den derzei­tigen Billig­preise impor­tierter Lebens­mittel mithalten können. Denn die sind absolut unver­hält­nis­mäßig zum zurück­ge­legten Handelsweg zuzüg­lich der aufkom­menden Arbeits­kosten. Doch an genau diese güns­tigen Preise haben wir uns im Rahmen der Globa­li­sie­rung gewöhnt. Neue, teurere Preise für Lebens­mittel würden auf die meisten Menschen zunächst abschre­ckend wirken. Letzt­lich wäre es eine Frage der persön­li­chen Einstel­lung, wie offen man für regio­nale, nach­hal­tige Produkte ist. Eine reprä­sen­ta­tive Umfrage des ZDFs (2017) hat ergeben, dass über 70 Prozent es für wichtig halten, dass ihre Lebens­mittel aus der Region kommen. Dementspre­chend sind die meisten Menschen durchaus dazu bereit, mehr Geld für regio­nale Produkte auszu­geben. Viele Menschen setzen bereits auf bekannte Kenn­zei­chen, wie das Bio-Siegel.

Die Boden­di­ver­sität Europas

Doch es geht nicht immer nur regional: Unfrucht­barer Boden gestaltet es Bauern unmög­lich, bestimmte Produkte anzu­bauen. Zusätz­lich warnen Forscher momentan vor sinkender Boden­frucht­bar­keit durch Erosion in ganz Europa. Unser Massen­konsum führt zur Über­nut­zung des lang­fristig nicht ausrei­chenden Bodens. Zukünftig müssten wir demnach ein nach­hal­tiges Konzept für land­wirt­schaft­liche Boden­nut­zung entwi­ckeln, um das Prinzip der regio­nalen Lebens­mit­tel­nut­zung in Realität voll und ganz anwenden zu können.

Die Anbau­pro­dukte unter­scheiden sich demnach je nach geogra­fi­scher Lage. Das führt dazu, dass diese beson­deren Produkte even­tuell auch den Tourismus wieder ankur­beln können, wenn Menschen in eine Region für bestimmte Lebens­mittel fahren.

Ein Hoch auf die Klein­bauern

In Zeiten der Globa­li­sie­rung schwinden Klein­bauern, aber auch regio­nale Anbieter nach und nach dahin. Die Trans­port­kosten, um selbst expor­tieren zu können, sind nur für wenige bezahlbar. Viele betrachten sich heute als ausge­sto­ßene Opfer des inter­na­tio­nalen Handels und der doch so häufig gelobt und geprie­senen offenen Grenzen, die von der Regie­rung im Stich gelassen wurden. Die Billig­preise der Super­märkte rauben den Bauern vor Ort ihre Exis­tenz­grund­lagen. Doch die Idee der regio­nalen Nutzung von Lebens­mit­teln würde diese Land­wirte wieder­be­leben und ihnen eine neue Chance bieten. Durch die Konzen­tra­tion auf regio­nale Produkte sind Produk­ti­ons­kosten geringer und die EU könnte mehr Geld in die Inves­ti­tion von biolo­gisch, nach­hal­tigem Anbau inves­tieren. Bio“ zu essen ist zwar teurer, aber dafür stimmt die Qualität und das gute Gewissen. Man hat die Gewiss­heit, dass das gekaufte Obst vom Wochen­markt nur in Händen fair bezahlter Arbei­tender war, die nicht jeden Tag lebens­ge­fähr­li­chen Pesti­ziden ausge­setzt waren und nicht täglich mit einem Hunger­lohn um ihr Leben kämpfen mussten. Das ist doch schön, oder?

Abschlie­ßend lässt sich nun fest­stellen, dass der Ausbau und die Förde­rung regio­naler Produkte eine realis­ti­sche Möglich­keit ist, um dem Klima­wandel ein Stück weit entge­gen­zu­treten. Lange Trans­port­wege werden vermieden, der Ausstoß von CO2 wird verrin­gert. Zusätz­lich finden regio­nale Anbieter und Bauern wieder ihren Platz in der Lebens­mit­tel­wirt­schaft.

Doch die Idee verlangt auch eine gewisse Tole­ranz der Konsu­menten. Tole­ranz gegen­über den stei­genden Preisen und gegen­über dem neuen, regio­na­leren Angebot im Super­markt. Verzicht auf etwas, dass vorher da war, fällt dem Mensch im Allge­meinen schwer. Doch am Ende bleibt alles eine Frage der Zeit, die verstreicht und der neuen Gewohn­heit, die dabei sugge­riert wird.

Heute exis­tieren bereits zahl­reiche Ideen zu nach­hal­tigem, visio­närem Anbau. Beispiels­weise die Commu­nity Supported Agri­cul­ture“ (Soli­da­ri­sche Land­wirt­schaft), die darauf basiert, dass eine Gruppe von Verbrau­chern auf kleiner Ebene mit einem oder mehreren Partner-Land­wirten koope­rieren. Oder die Idee der Selbst­ern­te­gärten, bei der Konsu­ment und Land­wirt eben­falls Hand in Hand arbeiten und vonein­ander profi­tieren. Kluge Köpfe mit inno­va­tiven Einfällen gibt es genü­gend, doch es benö­tigt eigenes Enga­ge­ment, diese an die Rest­welt weiter zu tragen!


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