Potsdam soll fair werden

Datum
18. September 2015
Autor*in
Lilith Grull
Thema
#ZukunftsTour 2016
Stadtverordneter Uwe Fröhlich (Bündnis 90/ Die Grünen) steht vor einem roten Backsteingebäude und berichtet über Fairtrade-Towns. Foto: Lilith Grull

Stadtverordneter Uwe Fröhlich (Bündnis 90/ Die Grünen) steht vor einem roten Backsteingebäude und berichtet über Fairtrade-Towns. Foto: Lilith Grull

Stadtverordneter Uwe Fröhlich (Bündnis 90/ Die Grünen) berichtet über Fairtrade-Towns. Foto: Lilith Grull

Uwe Fröh­lich, Stadt­ver­ord­neter der Grünen, macht sich für Potsdam als Fair­trade-Town stark. Lilith Grull im Gespräch mit dem Kommu­nal­po­li­tiker. 

Herr Fröh­lich, warum gerade Fair­trade?

Das Fair­trade­logo ist das älteste und gerade hier kann man sich sicher sein, dass die Handels­struk­turen umfäng­lich und regel­mäßig geprüft werden. Wenn doch ein Mal ein Krite­rium falsch ange­geben oder im Nach­hinein verletzt wird, wird kritisch hinter­fragt: wie und warum. Es wird sich der Thematik mit großer Aufmerk­sam­keit zuge­wandt und gibt den Verbraucher*innen die Chance, etwas bewusster mit dem Konsum umzu­gehen und gleich­zeitig etwas für die Produk­tion zu tun. Es ist eine schöne Chance, auch etwas für Menschen vor Ort zu verän­dern und oder präventiv vorzu­gehen. Gerade in Bezug auf die Flücht­lings­si­tua­tion muss man sich heute sensi­bi­li­sieren. Es gibt nicht nur Krieg als Flucht­ur­sache allein. Klima­wandel und schlechte Arbeits­be­din­gungen können auch ein Grund sein, sein Land zu verlassen. Dass Menschen aus exis­ten­zi­eller Not flüchten, das ist Fakt. Wir wollen mit unserer Initia­tive für eine bessere, soli­da­ri­sche Welt sorgen und eben dafür ist Fair­trade ein gutes Mittel.“

Was gibt fairer Handel unserer Welt?

Fairer Handel ist eine Grund­stütze für die Menschen, die vor Ort Genuss­mittel wie Kaffee, Tee, Säfte, Obst, Gemüse, Klei­dung und Ähnli­ches produ­zieren. Hier ist es dann inter­es­sant zu sehen, unter welchen Bedin­gungen die Produkte entstanden sind. Was sind die allge­meinen Produk­ti­ons­vor­aus­set­zungen, wurden Gift­stoffe verwendet? Die Fair­trade-Towns stärken die Durch­sich­tig­keit der Kreis­läufe. Gerade mit dem poli­ti­schen State­ment, eine faire Handels­stadt zu sein, kann man viel Aufklä­rung betreiben. Vom jungen Kind bis zum älteren Menschen gibt es viele Infor­ma­ti­ons­de­fi­zite. Ihr Einfluss ist nicht zu unter­schätzen. Die Verbraucher*innen entscheiden, ob sie eine Plas­tik­tüte oder einen Baum­woll­beutel aus fairer Produk­tion kaufen, der die selbe Aufgabe erfüllt. Wir wollen, dass die Verbaucher*innen sich von Anfang an über die Kreis­läufe der Hand­lungs­struktur Gedanken machen und dass die Lebens­si­tua­tion der Produ­zenten hier vor Ort, aber auch in fernen Länder stetig verbes­sert wird. Wie Spitzen von Eisbergen werden solche Proble­ma­tiken von der medialen Welt aufge­nommen. Das trägt zumeist wenigs­tens bei jungen Menschen dazu bei, dass sie mehr darauf achten, wo sie ihre Klamotten kaufen.“

Wie wird der Stadt Potsdam Fair­trade nahe­ge­bracht?

Es gibt ein diverses Infor­ma­ti­ons­an­gebot. Hier soll nicht belehrt, sondern ange­regt werden. Das reicht von einer fairen Woche, über faire Früh­stücke bis zu einem fairen Schul­wett­be­werb. Schulen können sich klar posi­tio­nieren, indem die Kantine zum Beispiel faire Produkte vertreibt und in Projekten über Produk­ti­ons­be­din­gungen, den Produkt­trans­port und Recy­cling disku­tiert. Es ist wichtig, dass man beispiels­weise Menschen, die zu Billig­an­bie­tern gehen nicht belehrt, ihnen aber Alter­na­tiven aufzeigt. Man sollte Empfeh­lungen ausspre­chen, fair zu kaufen und das Olig­ar­chentum von frag­wür­digen Produ­zenten kritisch hinter­fragen. Veran­stal­tungen gibt es für Groß und Klein.“

Herr Fröh­lich, was ist Ihr persön­li­cher Beitrag zur Nach­hal­tig­keit?

Gerade ich als Kommu­nal­po­li­tiker kann an der Gestal­tung meiner Stadt und den Lebens­be­din­gungen mitwirken. Es verän­dert sich momentan viel. Das Bewusst­sein der Menschen für Nach­hal­tig­keit im sozialen Umgang ändert sich hin zu mehr Konsum. Das möchte ich gern mit der Fair­trade Kampagne unter­stützen und auch dafür sorgen, dass sich Fairer Handel in allen Teilen der Stadt gut weiter entwi­ckeln kann. Die Eigen­ver­ant­wor­tung der Menschen in Potsdam muss gestärkt werden. Hier ist auch die Zivil­ge­sell­schaft gefragt.“

Was ist Ihre Moti­va­tion das Konzept von Fair­trade-Towns zu unter­stützten?

Ich bin ehren­amt­li­cher und gewählter Kommu­nal­po­li­tiker, sitze im Haupt­aus­schuss und bin schon lange in der Partei BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, komme ursprüng­lich aus der Bürger­be­we­gung und enga­giere mich gegen Diskri­mi­nie­rung. Länder, in denen es den Menschen nicht so gut geht, gibt es Arbeits­dis­kri­mi­nie­rung. Mir ist es ein persön­li­ches und poli­ti­sches Anliegen, nicht in einer globalen Welt zu leben, in der die Schere zwischen Armut und Reichtum immer weiter ausein­ander geht. Fair­trade ist eine Möglich­keit grund­sätz­lich und präventiv dagegen vorzu­gehen“

Was hat Sie dazu inspi­riert aus Potsdam eine Fair­trade-Town zu machen?

Es gibt in Deutsch­land mitt­ler­weile über 300 Stäte, die in ihrem Stadt­ver­ständnis dem fairen Handel einen großen Raum geben. Mich hat beson­ders Stutt­gart, gerade als eine der größeren Städte, inspi­riert. Viele Stadt­ge­biete sind durch Welt‑, Regional- und Bioläden, die auf nach­hal­tige Produkte des fairen Handels ausge­richtet sind, geprägt. Das hat mich bestärkt, das Thema der Nach­hal­tig­keit in der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung anzu­spre­chen. Demnächst wird auf einer Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung beschlossen, das Potsdam sich auf den Weg zur Fait­rade-town begibt und ich hoffe, dass dem Antrag mehr­heit­lich zuge­stimmt wird. Ein Beschluss der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung ist für einen Beitritt als Fair­trade-Town nötig, nach und nach erfüllen wir dann alle Bedin­gungen. Was die Stadt letzt­end­lich tut, ob sich Vereine, Verbände, Gast­stätten und Läden sich selbst­ständig dazu entschließen, sich am fairen Handel zu orien­tieren, liegt bei ihnen selbst. Was die Bürger als Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher aus dem Angebot von Fair­trade machen, liegt eben­falls in ihrer Verant­wor­tung.“


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