Laura Rosen: Junge CDU-Kandi­datin in einer poli­tisch unru­higen Stadt

Datum
26. September 2021
Autor*in
Max Mayer
Themen
#BTW21 #Wahlen
1. Max Aufmacher Wahlplakat Rosen

1. Max Aufmacher Wahlplakat Rosen

Kein Social Media – auch Rosen setzt auf Wahlplakate Foto: Max Mayer/privat

Gelsen­kir­chen ist eine der letzten SPD-Hoch­burgen. Laura Rosen will das ändern. Max Mayer hat die 27-jährige CDU-Direkt­kan­di­datin bei ihrem Wahl­kampf begleitet.

2. Max Wahlkampfteam Rosen

Rosen mit ihren ehrenamtlichen Unterstützern Foto: Max Mayer/privat

In der Stadt der Tausend Feuer ist die sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Welt noch in Ordnung: Bei Rats‑, Europa‑, und Bundes­tags­wahlen holt die Partei hier zuver­lässig Mehr­heiten. Doch auch hier schlägt der Bundes­trend durch: Die SPD schwä­chelt und verliert Stimmen an ihre poli­ti­schen Mitbewerber*innen. Seit der Wahl 2017 trägt Gelsen­kir­chen den Titel AfD Hoch­burg im Westen“ – mit 17% erzielte die Partei hier ihr bestes Ergebnis in West­deutsch­land. In dieser Situa­tion bewirbt sich die gebür­tige Gelsen­kir­chenerin Laura Rosen um das Direkt­mandat für die CDU. Wie stehen ihre Chancen, die Wähler*innen von sich zu über­zeugen und am Wahl­sonntag die meisten Erst­stimmen zu erhalten?

Mit Social Media in den Bundestag – realis­tisch oder gewagt?

Wer einen Blick auf das Insta­gram Profil von Laura Rosen (@rosen.ge) wirft, könnte den Eindruck bekommen, es mit einer aufstre­benden Influen­cerin zu tun zu haben. Beim zweiten Blick aller­dings wird deut­lich, dass es ein profes­sio­nell gemachtes Wahl­kampf Profil ist. Inhalte: CDU-Designs, Fotos von und mit Rosens Unterstützer*innen, Wahl­kampf­be­suche. Die Reich­weite mit 300 Abonent*innen entspricht auch noch nicht Influencer-Niveau. Wie über­zeu­gend ist Rosen also im klas­si­schen Stra­ßen­wahl­kampf?

Spricht sie auch junge Leute abseits von Social Media an?

Acht Tage vor der Wahl steht Rosen in der Fußgänger-Zone im Norden der Stadt. Die Reso­nanz auf Ihren Info­stand ist durch­wachsen. Links der CDU steht die FDP mit ihrem Stand, gegen­über haben sich die Grünen aufge­baut. Rosen kommt mit einigen Passant*innen ins Gespräch, die meisten davon sind älter. Und dann sind da noch die ganz Jungen. Kinder, die die oran­genen CDU-Luft­bal­lons durch die Luft werfen, aber wohl kaum poli­ti­sches Inter­esse verspüren und von ihren Eltern schnell weiter­ge­zogen werden.

Auch im Süden der Stadt läuft es nicht besser: Vor einem Super­markt verteilt Rosen Einkaufs­wa­gen­chips – ein klas­si­sches Wahl­kampf­ge­schenk. Gespräche kommen aber auch hier nicht zu Stande. Die Kandi­datin erhofft sich in der City mehr Chancen und bricht schnell wieder auf. Doch auch auf der Bahn­hof­straße verstärkt sich der Eindruck: Kaum jemand nimmt sich Zeit für einen persön­li­chen Austausch mit der jungen Frau, die Gelsen­kir­chen für die CDU im Bundestag vertreten will. Eines der wenigen Gespräch findet zwischen der Kandi­datin und einem mittel­alten Mann statt, der erzählt, dass er sich aufgrund von Migra­tion erstmal im hiesigen poli­ti­schen System zurecht­finden müsse und sich einige Begriffe des poli­ti­schen Systems erklären lässt. Rosen verteilt weiter Wahl­pro­gramme, Flyer und weitere Wahl­kampf­ge­schenke und versucht so, ins Gespräch zu kommen.

Für Gelsen­kir­chen: Junge und weib­liche Stimme in Berlin

Rosen ist 27 Jahre alt, 1994 in Gelsen­kir­chen geboren und aufge­wachsen. Ihr Studium zur Diplom-Finanz­wirtin schloss sie 2016 ab, seitdem arbeitet sie als Sach­be­ar­bei­terin im Finanzamt Gelsen­kir­chen. CDU-Mitglied ist sie seit 2014 und hat Ämter im Kreis­ver­band Gelsen­kir­chen inne – etwa das der Vorsit­zenden der Jungen Union. Seit 2020 sitzt sie außerdem im Rat der Stadt.

Trotz schlechter Umfra­ge­werte der Union hofft sie auch weiterhin auf einen Direkt­einzug in den Bundestag. Dafür möchte sie weiterhin sämt­liche Wähler*innengruppen anspre­chen und keine Klien­tel­po­litik” betreiben. Als ihr persön­li­ches Ziel gibt sie an, dass die CDU im Bundestag jünger und weib­li­cher werden soll und hofft auf ähnliche Effekte, wie jene, die sie in Gelsen­kir­chen beob­achtet: Ideen junger Leute, was nicht bedeutet, dass die unge­fil­tert über­nommen werden“. Vom Status als Volks­partei profi­tiert man durch poli­ti­sche Erfah­rung, die ältere haben und mehr Lebens­er­fah­rung“. Gerade für diese jungen Leute dürften Klima­schutz und Digi­ta­li­sie­rung Themen sein, die eine Rolle spielen.

Wie ist die CDU mit ihrer Kandi­datin auf Themen junger Leute einge­stellt?

Gerade in diesen Themen ist in den letzten Legis­la­tur­pe­ri­oden unter CDU-Regie­rung nach Expert*innenmeinung zu wenig passiert. In Sachen Klima­schutz setzt die CDU Kandi­datin darauf, diesen so einfach und bequem, wie möglich zu machen“ und nennt als Beispiel die Plas­tik­tüten, die durch Papier­tüten und Beutel ersetzt wurde. Weiterhin möchte sie Anreize beispiels­weise für Elek­tro­mo­bi­lität schaffen, indem die Lade­infra­struktur auch im privaten Wohn­be­reich massiv ausge­baut werden soll. Persön­lich kann sie sich dann auch vorstellen, außer­halb ihrer Kampagne ein Elek­tro­fahr­zeug zu nutzen und den ÖPNV bei besserer Taktung (noch) häufiger zu nutzen.

3. Max Rosen Digital

Die Kandidatin in der technischen Auseinandersetzung. Foto: Max Mayer / privat

Zur Digi­ta­li­sie­rung sagt Rosen: Den Turbo, den wir für die Pandemie einge­legt haben, weiter einzu­legen und beizu­be­halten, ist ja jetzt das Gebot der Stunde […] diesen Fort­schritt, den wir da so schnell gemacht haben, proaktiv weiter zu fördern, ist das, was wir jetzt auf jeden Fall machen müssen“. Auf die Frage, warum in dieser Hinsicht trotz Regie­rungs­be­tei­li­gung der Union, einem Verkehrs­mi­nis­te­rium, welches auch für digi­tale Infra­struktur zuständig ist, seit 2009 in CSU-Hand ist und 2017 der Schaf­fung einer Beauf­tragten der Bundes­re­gie­rung für Digi­ta­li­sie­rung (Doro­thee Bär, auch CSU) nicht der nötige Fort­schritt in Sachen Digi­ta­li­sie­rung erreicht wurde, kann sie nicht beant­worten und glaubt dass es aus dem Fokus geraten ist; dass es kein Schwer­punkt­thema der Union war […] und viel­leicht auch junge Leute gefehlt haben, um immer mal wieder auf den Tisch zu hauen“. Persön­lich störe Sie diese fehlende oder schlep­pende Entwick­lung auch in ihrem Beruf als Finanz­be­amtin. So hat sie auch die Vorstel­lung, das Poten­zial der Digi­ta­li­sie­rung auch für die Verwal­tung nutz­barer zu machen. Für das digi­tale Netz hat sie die Vision es schnellst­mög­lich ausbauen und ist der Auffas­sung, dass Deutsch­land dies schnell schaffen würde und gleichauf mit den Nieder­landen oder den skan­di­na­vi­schen Ländern ziehen könnte.

Bundes­tags­wahl 2017: Gelsen­kir­chen AfD Hoch­burg im Westen

Das AFD Wahl­er­gebnis bei der Bundes­tags­wahl von 17% findet sie erschre­ckend – die CDU lag mit 22,4% nur knapp davor. Die AfD als Weckruf für die etablierten Parteien zu wählen, sei das dümmste was man machen kann. Das ist kein Denk­zettel, das ist einfach nur erschre­ckend, wenn eine so popu­lis­ti­sche Partei ein derart hohes Ergebnis bekommt“, sagt Rosen. Eine Art und Weise Wählende zurück­zu­ge­winnen sieht sie darin, dass man das Vertrauen wieder aufbaut und vor allem gute, trans­pa­rente poli­ti­sche Arbeit macht“ und die Wähler*innen wieder auf den demo­kra­ti­schen Boden holen kann“.

Wahl­party: Laura Rosen in Berlin oder GE?

Der Wahl­abend wird für Rosen in jedem Fall span­nend. Selbst wenn sie das Direkt­mandat für Gelsen­kir­chen verpasst, könnte ihr aussichts­rei­cher Listen­platz 30 für den Einzug in den Bundestag reichen – aller­dings nur dann, CDU insge­samt vergleichs­weise wenige Direkt­man­date gewinnt.


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