Land in Sicht

Datum
02. September 2014
Autor*in
Fabian Schäfer
Thema
#Jugendforum Stadtentwicklung 2014
Flohmarkt auf dem Freiland

Flohmarkt auf dem Freiland

Das freiLand von oben

Flohmarkt im freiLand: Die Potsdamer nutzen ihr Kulturzentrum gerne. Foto: Dustin Sattler

12.000 Quadrat­meter wech­sel­voller Geschichte. Wo die Firma Arado früher Bomber für den Zweiten Welt­krieg herstellte, Zwangs­ar­beiter litten und danach die Pots­damer Wasser­be­triebe einzogen, befindet sich heute das frei­Land.

Im größten selbst­ver­wal­teten Kultur­zen­trum Pots­dams zog das Jugend­forum Stadt­ent­wick­lung für ein Wochen­ende ein. Gleich­zeitig fanden am Sonntag ein offener Floh­markt und das Stra­ßen­kul­tur­fes­tival statt. Wir leben davon, dass wir Räum­lich­keiten für tempo­räre Projekte zur Verfü­gung stellen“, sagt Achim Traut­vetter. Der 34-jährige Geschäfts­führer der Träger­ge­sell­schaft freut sich, dass damit auch Debatten ins frei­Land kommen, die wir alleine so intensiv gar nicht führen könnten.“ Das Kultur­zen­trum sei ja ein offenes Labor, und die Leute kommen, merken das und helfen uns, weiter­zu­kommen“, ergänzt er. Wir fragen uns selbst immer wieder, wo wir als Projekt hinwollen.“

Basis­de­mo­kra­ti­sches Arbeiten

Denn das frei­Land ist zwar jung, aber schon ziem­lich groß: Vor drei Jahren eröffnet, gibt es heute etwa 40 Nutzer­gruppen, die im monat­li­chen Plenum zusam­men­kommen. Dazu gehören etwa ein sozi­al­päd­ago­gi­scher Verein, Ateliers, eine Krea­tiv­werk­statt und der Jugend­verein Spar­tacus. Wir sind hori­zontal statt hier­ar­chisch orien­tiert, arbeiten basis­de­mo­kra­tisch und konsens­ori­en­tiert“, erklärt Achim. Die Ange­le­gen­heiten, die alle betreffen, werden auch mit allen bespro­chen.“

Ein reno­viertes Schloss, aber kein Jugend­zen­trum

Bis es soweit war, gingen die Initia­toren einen weiten Weg. Dass der links­po­li­tisch und selbst­ver­wal­tete Jugend­club Spar­tacus im Jahr 2008 sein Gebäude verlassen musste, trug zu einer Jugend­kul­tur­krise in Potsdam bei. Daraufhin bildete sich ein krea­tiver Protest mit Techno-Demos und Partys in leer stehenden Häusern. Am Ende wurde sogar eine Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung gesprengt. Wir waren sehr präsent mit unserer Forde­rung, dass die Jugend einen Raum braucht.“ Ein neues Jugend­zen­trum in der Innen­stadt musste entstehen. Das alte befand sich unmit­telbar neben dem Stadt­schloss, das aufwändig reno­viert wurde, damit der Bran­den­bur­gi­sche Landtag dort einziehen konnte.

Weg frei fürs frei­Land

Der dama­lige Geschäfts­führer der Stadt­werke, eine richtig coole Socke, hat uns dieses Areal gezeigt“, erin­nert sich Achim. Zu dieser Zeit waren hier nur zehn Arbeiter der Wasser­be­triebe beschäf­tigt. „‘Die könnten auch woan­ders arbeiten‘, sagte er uns. Damit war der Weg frei fürs frei­Land“, sagt Achim Das Gelände liegt zwar nicht direkt in der Innen­stadt, aber immerhin nur fünf Minuten vom Haupt­bahnhof entfernt.

Eine total geile Zeit“

Dann mussten wir uns um 180 Grad drehen: Vom Protest in einen real­po­li­ti­schen Prozess“, sagt Achim. Die Initia­toren betraten die poli­ti­sche Land­schaft, erstellten Konzepte und warben bei den Parteien um Unter­stüt­zung. Als es endlich ans Bauen ging, waren drei Monate lang jeden Tag dreißig Leute hier, das war eine total geile Zeit.“ Achim erzählt, wie kraft­voll“ das war. Mit mehr Iden­ti­fi­ka­tion kann man einen Raum gar nicht versehen, als vom Abriss bis zum Verputzen der neuen Wände dabei zu sein.“

Eine mit Graffiti besprühte Wand in Potsdam.

Vom Wasserwerk zur Kreativwerkstatt. Foto: Dustin Sattler

Das Bauen geht weiter

Am 13. Mai 2011 war es soweit: Das frei­Land öffnete seine Pforten. Doch damit ist das Projekt noch lange nicht abge­schlossen. Wir sind auf jeden Fall in Bewe­gung. Und es tauchen immer noch Fragen auf, die wir uns davor noch nicht gestellt haben“, sagt Achim. Auch für die Zukunft hat das frei­Land einiges vor: Bald wird im Sport­raum ein neuer Fußboden verlegt. Außerdem werden die Band­pro­ben­räume ausge­baut. Lang­fristig wollen wir unsere Über­nach­tungs­räume moder­ni­sieren. Da gibt es momentan nur kalte Duschen.“ Achim und sein Team wollen ihre Energie auf jeden Fall beibe­halten. Wir dürfen uns nicht auf unseren Erfolgen ausruhen“, denn es gebe immer noch genug gesell­schaft­liche Miss­stände, die geän­dert werden müssen. Wie sieht er sonst die Zukunft des frei­Land? Er über­legt. Naja, sky is the limit.“