Herr Blome, erzählen Sie doch mal

Datum
27. September 2016
Autor*in
Sebastian Scheffel
Thema
#Zeitungskongress 2016
260916_jonaswalzberg_politikorange_zeitungskongress2016_statementblome_startseite

260916_jonaswalzberg_politikorange_zeitungskongress2016_statementblome_startseite

Jonas Walzberg

Auf dem BDZV-Kongress war dieses Jahr auch Niko­laus Blome, stell­ver­tre­tender Chef­re­dak­teur Politik und Wirt­schaft von Bild und bild​.de, mit dabei. Sebas­tian Scheffel und Sabrina Winter fragten nach den Hürden der Inter­net­kultur und der Zukunft der medialen Welt.

260916_JonasWalzberg_politikorange_Zeitungskongress2016_InterviewBlome_Beitragsbild.jpg

Nikolaus Blome teilt als gestandener Journalist seine Ansichten und Erfahrungen mit dem journalistischen Nachwuchs. Foto: Jonas Walzberg

Herr Blome, wie zufrieden sind Sie mit der deut­schen Zeitungs- und Maga­zin­land­schaft? 

Eigent­lich ziem­lich zufrieden. Im Vergleich zu anderen euro­päi­schen Ländern ist sie sehr reich­haltig, gerade was das Regio­nale angeht. Da gibt es immer noch eine Menge Konkur­renz und das tut dem Geschäft und vor allem den Lesern gut.

Nutzen Zeitungen heute das gesamte Poten­zial aus, das ihnen die neue Technik bietet?

Jeder versucht es auf seinem Weg. Nicht alle haben es wirk­lich geschafft, sich so zu digi­ta­li­sieren, wie das für die nächste Gene­ra­tion von Lesern notwendig ist. Das große Problem ist, dass der wach­sende Teil der Gesamt­reich­weite jener ist, der nicht oder nicht gut genug bezahlt wird. Bezahlte Inhalte auf Papier haben all die Jahre gute Ergeb­nisse gebracht, gehören jedoch zum schrump­fenden Teil der Reich­weite, gerade für regio­nale, aber auch für über­re­gio­nale Zeitungen. Die Frage ist also: Wie refi­nan­zieren wir einen Jour­na­lismus, der die gesamte Reich­weite bespielen soll, wenn nur ein Teil des Ange­bote so bezahlt wird, wie es das eigent­lich verdienen würde.

Sehen Sie eine Lösung für dieses Problem?

Da muss jeder Verlag, jedes einzelne Blatt und jeder einzelne Auftritt für sich selbst schauen, wie es am besten klappt. Für manche sind es die Club­mo­delle, wie bei Bild­Plus. Der Spiegel hat sich für ein anderes Modell entschieden, das mich an Blendle erin­nert. Ich weiß wirk­lich nicht, ob das funk­tio­nieren wird. Aber ganz gene­rell gilt: Je mehr dieser unter­schied­li­chen Modelle funk­tio­nieren, umso besser.

Gerade online schlei­chen sich immer wieder hand­werk­liche Fehler ein. Gilt der alte Grund­satz get it first, but first get it right“ nicht mehr? 

Doch, der gilt! Er gilt, aber er wird gele­gent­lich durch hand­werk­liche Fehler durch­bro­chen. Das ist Mist. Das Geschäft ist schnell, das heißt aber lange noch nicht, dass schneller Jour­na­lismus schlechter oder gar defi­zi­tärer Jour­na­lismus sein muss.

In den vergan­genen Monaten wurden der Presse gerade in Bezug auf die teils vorei­lige Berichts­er­stat­tung bei Anschlägen Vorwürfe gemacht. Wie kann man auch hier Sorg­falt wahren?

Ich glaube, bei einem Anschlag, wie etwa beim Münchner Amok­lauf, ist es keine jour­na­lis­ti­sche Option zu warten, bis die Ermitt­lungen abge­schlossen sind. Das gilt sowohl für Online-Medien, als für Fern­sehen und Radio. Dabei entsteht mitunter auch eine Art Live-Bericht­erstat­tung, mit gewissen Risiken und Neben­wir­kungen. Aber das weiß der Leser durchaus einzu­ordnen.

Wie viel muss für Medien online bezahlt werden, damit eine Quali­täts­si­che­rung des Inhaltes besteht?

Gute Jour­na­listen müssen gut bezahlt werden. Leute, die gut arbeiten, die ihren Beruf gerne machen, die eine ordent­liche Ausbil­dung haben sollen, brau­chen ein auskömm­li­ches Gehalt. Das gelingt auch in aller Regel. Aber wenn der Trend wie gerade beschrieben anhält, schrumpft der Kuchen, aus dem heraus Jour­na­listen bezahlt werden.

Wie wird bei der Bild mit der Möglich­keit von Adver­to­rials und Native Ads umge­gangen?

Was wir an Werbung haben, ob im Print oder digital, muss als solche zu erkennen sein. Ganz klar! Bild ist als sehr, sehr gut verdie­nendes Medium in der Lage, auf diese Erkenn­bar­keit bestehen zu können. Ich wünsche keinem Medium das Gefühl, da Kompro­misse machen zu müssen.

Sehen Sie in diesem Bezahl­mo­dell eine Zukunft?

Ich bin bereit über jedes Werbe­mo­dell nach­zu­denken, solange diese Tren­nung für den Leser klar erkennbar wird.

Trägt unser Medi­en­system dazu bei, dass jeder nur noch das konsu­miert, was seine Meinung wider­spie­gelt und dadurch die Fähig­keit zur poli­ti­schen Ausein­an­der­set­zung verliert? 

Das Medien-Nutzungs­ver­halten mancher Gruppen der Bevöl­ke­rung ist momentan so gepolt, sich nur noch im eigenen Silo zu unter­halten, zu infor­mieren und infor­mieren zu lassen. Das trägt zu einer inzes­tuösen Binnen­kom­mu­ni­ka­tion bei, die bestimmt keine breite Infor­miert­heit produ­ziert. Die Frag­men­tie­rung und Auffä­che­rung der Medi­en­land­schaft macht das möglich.

Bild und Bild​.de leben von der bewussten Verein­fa­chung von Themen und Sprache – das kann zu Miss­ver­ständ­nissen führen. Inwie­fern fördert das die Lügen­presse-Vorwürfe?

Ich glaube, Verein­fa­chung und klare Sprache senken eher das Risiko von Miss­ver­ständ­nissen. Ich glaube, wenn wir unsere Fakten richtig beiein­ander haben, ist es in einer so kompli­zierten Welt gera­dezu geboten, diese so klar und einfach wie möglich zu erklären.

Die Zukunft der Medien scheint in den Sternen zu stehen. Liest jemand in zehn Jahren noch Print­zei­tung? 

Aber ja. Ich bin fest davon über­zeugt, dass es für jede Print­auf­lage einen harten Kern gibt. Und ich glaube, dass neue Print­pro­dukte gute Chancen haben, wenn sie klar auf eine bestimmte Ziel­gruppe zugehen.

Dem Lügen­presse-Vorwurf“ sehen sich Jour­na­lis­tinnen und Jour­na­listen derzeit häufig ausge­setzt. Wie gehen sie damit um ? Kurz & Saftig mit Niko­laus Blome


Empfohlene Beiträge

Artikel

Rück­blick auf den BDZV-Kongress 2016

Lilith Grull

Artikel

Gefangen in der Filter­blase

Sabrina Winter

Artikel

Jugend­liche und die Sache mit Nach­richten

Sabrina Winter