Fake News: Massen­ma­ni­pu­la­tion trifft Euro­pa­wahl

Datum
14. Mai 2019
Autor*in
Lilian Sekkai
Thema
#JPT19
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Fakenewsnewspaper Europa Illustration: Alisa Sawchuk

Achtung, Fake News! Die ganze Welt ist über das Internet verbunden. Umso höher ist die Gefahr von Falsch­nach­richten, die sich rasch verbreiten. Wie stark können Fake News die kommende Euro­pa­wahl beein­flussen? Und was tut die Euro­päi­sche Union dagegen?

Europa und die Gefahr der FakeNews

Europa und die Gefahr der Fake News. Illustration: Alisa Sawchuk

Am 26. Mai wird in Europa gewählt. Für die nächsten fünf Jahre können Euro­päe­rinnen und Euro­päer, Abge­ord­nete aller Mitglieds­staaten ins Parla­ment wählen. Hier wird über Richt­li­nien, Verord­nungen und Entschei­dungen abge­stimmt. Sie gelten für mehr als 500 Millionen Menschen. Doch durch die Digi­ta­li­sie­rung haben sich neue Möglich­keiten der Parteien-Werbung und des Wahl­kampfes ergeben. Werbe­spots im Internet und Hetz­kam­pa­gnen“ sind logi­sche Ergeb­nisse. Das Internet und vor allem Social Media bieten Anknüp­fungs­punkte, um mit jungen Menschen in den Dialog zu treten. Im EU-Wahl­kampf sorgen Desin­for­ma­tionen für eine verzerrte Meinungs­bil­dung. So wurde der umstrit­tene UN-Migra­ti­ons­pakt beispiels­weise von rechten Grup­pie­rungen als Todes­ur­teil gegen den Natio­nal­staat“ beworben und im Internet rasch verbreitet.

Mobi­li­sie­rung der Massen

Die Gesell­schaft kann durch das Internet auch leichter von auslän­di­schen Kampa­gnen beein­flusst werden: Bereits 2015 warf die EU Russ­land vor, struk­tu­rierte Mani­pu­la­tion und Propa­ganda zu nutzen, um die Annek­tie­rung der Krim welt­weit zu recht­fer­tigen. Als Reak­tion auf die gezielte Verbrei­tung von Falsch­in­for­ma­tionen pro-russi­scher Akteure, reagierte die EU mit der East StratCom Task Force“ (deutsch: Stra­te­gi­sches Kommu­ni­ka­ti­ons­team Ost), eine Einheit, deren Haupt­zweck das Aufde­cken von Falsch­mel­dungen ist.

Die Euro­pa­wahl soll nicht durch Panik­mache und Gegen­kam­pa­gnen beein­flusst werden. Elf Mitar­beiter beob­achten dabei öffent­liche Netz­werke wie Twitter und Face­book.

Bereits Ende 2018 erar­bei­tete die EU einen Akti­ons­plan, der vor allem die bessere Erken­nung“, Koor­di­nierte Reak­tion“, sowie die Sensi­bi­li­sie­rung und Befä­hi­gung der Gesell­schaft“ vorsah. Obwohl schon 2018 Face­book, Google, Twitter und Co. den EU-Verhal­tens­kodex, eine frei­wil­lige Selbst­ver­pflich­tung, unter­zeich­neten, fehlt es an einer verpflich­tenden Zusam­men­ar­beit. Gefühlt jede zweite Woche ist irgendwo ein Daten­leck und man blick nicht mehr richtig durch, das ist schon erschre­ckend,“ bemerkt die besorgte Studentin Beza Tefera auf den Jugend­po­li­tik­tagen.

Nach dem Verhal­tens­kodex muss Face­book Wahl­wer­bung aus dem Ausland unter­binden, um die auslän­di­sche Einfluss­nahme auf die Abstim­mungen zu verhin­dern. Alle in der EU geschal­teten poli­ti­schen Werbe­an­zeigen auf Face­book und Insta­gram müssen eindeutig als solche gekenn­zeichnet werden. Dennoch: Trotz dieser Vorkeh­rungen bleiben die für Desin­for­ma­tionen verant­wort­li­chen Gruppen erfin­de­risch, wie sogar Face­book ganz offen zugibt.

Halb­wahr­heiten sind ganze Lügen

Aber auch inner­halb von Deutsch­land machen gezielte Falsch­mel­dungen die Runde. Propa­ganda der Strö­mung Neue Rechte“, die sich aus rechts­ra­di­kalen Parteien und poli­ti­schen Begleit­erschei­nungen, wie dementspre­chenden Maga­zinen und Initia­tiven zusam­men­setzt, sind alltäg­lich. Beim Streit um den UN-Migra­ti­ons­pakt wurde dieser von den rechts­ra­di­kalen Gruppen als Verschwö­rungs­pakt beworben.

Merkmal der neuen Rechten“ ist laut der Bildungs­zen­trale für poli­ti­sche Bildung (bpb), die Beru­fung auf Elite, Führung, Gott, Nation, Natur, Ordnung, Rasse und Volks­ge­mein­schaft. Dies­be­züg­liche Theo­rien und halben Wahr­heiten werden im Netz verbreitet. Diskus­sion und Hysterie in der Gesell­schaft sind die Folgen. So liegt es nahe, dass Europas Natio­na­listen ihre Chancen die Massen zu mobi­li­sieren, beson­ders im EU-Wahl­kampf verstärkt nutzen. Der Rechts­druck, die ganzen Trolle im Netzt und was für ein Netz­werk sie sich aufge­baut haben, da mache ich mir wirk­lich große Sorgen“, sagt die 18-jährige Tefera.

Trotz allem bietet das Internet Chancen: Junge Wähler und die Klientel der Poli­tik­ver­dros­senen kann so zumin­dest theo­re­tisch erreicht werden. Die EU-Kampagne Diesmal wähle ich“ oder auch der Wahl-O-mat“ der bpb können helfen, die Massen für poli­ti­sche Betei­li­gung zu begeis­tern.

Aufpassen Europa…

Nicht nur junge Menschen können von den falschen Nach­richten beein­flusst werden. Wer keine Tages­zei­tung liest, Nach­richten verfolgt oder sich anders über Main­stream-Medien“ infor­miert, läuft Gefahr, poten­ti­elle Fake News auf Face­book, Twitter und Co. nicht als Lüge enttarnen zu können. Selbst wer sich gut und viel­fältig über Gescheh­nisse infor­miert, muss nicht unbe­dingt befä­higt sein, falsche Fakten zu entlarven.

Falsch­mel­dungen verbreiten sich einfa­cher, schneller und weit­rei­chender über das Internet. Die EU ist momentan trotz ihres Akti­ons­plans mit elf Mitar­bei­terin wahr­schein­lich nicht ganz so gut vorbe­reitet und sollte wie Tefera vorschlägt, an Gesetzen und Abkommen arbeiten, die falsche Infor­ma­ti­ons­ver­brei­tungen stoppen können. Du verlierst deine Rechte im Netz, man muss damit anfangen, dass wir feste Gesetze bekommen“, sagt die 18-Jährige.

Die Tatsache, dass an der inter­na­tio­nalen Kampagne gegen den EU-Flücht­lings­pakt die belgi­sche Regie­rung zerbro­chen ist und der Pakt fast nicht zustande gekommen wäre, zeigt wie zerstö­re­risch sich Falsch­in­for­ma­tionen und Halb­wahr­heiten auf die Gesell­schaft auswirken können. 500 Millionen EU-Bürger können in ihrer Meinungs­bil­dung mani­pu­liert werden, wenn Falsch­mel­dungen im EU-Wahl­kampf kursieren.