Fahr­läs­sige Frei­heit

Datum
01. Juni 2015
Autor*in
Alexandra Ratke
Thema
#JMWS15
FahrlaessigeFreiheit_Jhaymesisviphotography_flickr.com_CC-BY-2-0_1

FahrlaessigeFreiheit_Jhaymesisviphotography_flickr.com_CC-BY-2-0_1

Schnell steigt uns die Scha­mes­röte ins Gesicht, wenn wir uns zum Gespött gemacht haben, nachdem wir in kind­li­chem Vertrauen eine Nach­richt mit privatem Inhalt versendet haben, von der plötz­lich jeder wusste. Eine Sache, die man sich von Ange­sicht zu Ange­sicht aber nie zu sagen getraut hätte.

FahrlaessigeFreiheit_Jhaymesisviphotography_flickr.com_CC-BY-2-0

Was privat geschrieben wird, sollte privat bleiben (Foto: Jhaymesisphotography, flickr.com, CC-BY 2.0)

Denn wir wiegen uns in anonymer Sicher­heit. Unser Sende­me­dium, das Smart­phone oder der PC, senkt unsere Hemm­schwelle, unüber­legte oder spon­tane Nach­richten zu senden. So von Display zu Display geht das auch viel leichter, denn die Kommu­ni­ka­tion verläuft nicht unmit­telbar: Ein Medium steht als Wider­stand in der direkten Linie der Kommu­ni­ka­tion. Ein Wider­stand, der als Kata­ly­sator fungiert.

Doch wie sieht es aus, wenn unsere Gegen­spieler nicht mehr nur Menschen aus unserem Umfeld, sondern gar Orga­ni­sa­tionen sind, die über viel mehr Macht verfügen? Wohl wissend, dass wir private Infor­ma­tionen nicht nur mit den von uns vorge­se­henen Personen teilen, ist es uns egal, quasi voll­über­wacht zu werden. Es würden schließ­lich Daten von so vielen Personen gelesen werden. Auf unsere Daten komme es da nicht an. Wir hätten ja nichts zu verbergen. Ältere Gene­ra­tionen, Lehrer, Eltern, Poli­tiker warnen uns: Wir sollen unsere Privat­sphäre schützen. Sie spre­chen aus Erfah­rung, haben sie doch zum Teil die Verlet­zungen der Bürger- und Menschen­rechte durch die Stasi miter­lebt. Aber anschei­nend kann unserem Verhalten nicht einmal die aktu­elle NSA-Affäre etwas anhaben.

Sind wir kritisch genug?

Dabei wissen wir gar nicht, was im Ernst­fall mit unseren Daten bewogen werden kann. Verkauft werden sie schon, aber abge­sehen von Spam-Mails kriegen wir davon kaum etwas mit. Was jedoch, wenn wir, sollte es den Inter­net­gi­ganten finan­ziell weniger gut gehen, erpresst und zum Rück­kauf unserer intimen Daten gedrängt werden? Solche Vorstel­lungen erscheinen uns zum jetzigen Zeit­punkt absurd, para­noid, verschwö­re­risch. Viel­leicht aber auch nur, weil wir keinen solchen Fall bisher erlebt haben. Die Schmä­hungen im eigenen Bekann­ten­kreis können höchs­tens einen kleinen Hinweis darauf geben, wie schmerz­haft die persön­liche Konfron­ta­tion mit dieser Proble­matik werden kann.

Unsere Privat­sphäre und den Schutz unserer Rechte nehmen wir als selbst­ver­ständ­lich hin, weil wir es in unserer Gene­ra­tion nicht anders kennen. Wir gehen naiv mit diesem schüt­zens­werten Gut um, dessen Wert wir nicht begreifen können. So erfreu­lich die Tatsache ist, dass wir uns bisher keine Sorgen um unsere Frei­heiten machen mussten, so gefähr­lich ist auch unsere Leicht­gläu­big­keit. Wir sind in die Medi­en­welt hinein­ge­boren worden und müssen erst lernen, kriti­scher mit ihr umzu­gehen. Hoffen wir, dass das möglichst bald geschieht. Und dass der Preis dafür nicht allzu hoch ist.


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