Face­book mit einem Staub­wedel in der Hand

Datum
06. November 2015
Autor*in
Benedikt Bungarten
Thema
#JMT15
DSC_1712

DSC_1712

Wenn Eva Maria Marks Früh­dienst hat, beginnt ihr Tag um 7 Uhr. Für den Spät­dienst endet er nicht vor 22 Uhr. Face­book für die Bundes­re­gie­rung zu managen ist kein leichter Job.

DSC_3813
Eva Maria Marks‘ größtes Stecken­pferd ist die Entwick­lungs­po­litik. (Foto: Fabian Jäger) Ein Beruf, den sich Marks während ihres Jour­na­lis­tik­stu­diums nicht hätte erträumen können. Über ein Prak­tikum kam sie zum Bundes­pres­seamt. Heute verwaltet sie die Face­book­seite der Bundes­re­gie­rung. Mit Teil­neh­mern der Jugend­me­di­en­tage spricht sie über ihre Arbeit. Im Februar diesen Jahres star­tete das Projekt Face­book für die Bundes­re­gie­rung“. Hinter dem Projekt steht ein Team aus sechs Redak­teuren, vier Foto­grafen und zwei Video­grafen. Mitt­ler­weile hat die Seite 164.898 Likes (Stand: 06.11.2015). Einer der erfolg­reichsten Beiträge hat 2.860.886 Personen erreicht und ist 14.568 mal kommen­tiert worden. Es war ein soge­nannter Lang-Post zur aktu­ellen Entwick­lung der Flucht­be­we­gungen.

Der modernste Bereich im Bundes­pres­seamt: Frei denken und alles ist erlaubt

Die Verwal­tung der Face­book­seite der Bundes­re­gie­rung kann nicht ohne Regeln funk­tio­niert. Doch hier ist das Redak­ti­ons­team nahezu völlig frei. Zwar lasse es die größeren Beiträge von den CVD (Chefs vom Dienst der Bundes­re­gie­rung) absegnen, bisher habe es aber noch nie Probleme oder gar Formen von Zensur gegeben. Bei der Veröf­fent­li­chung von Posts gelte das Vier-Augen-Prinzip, das heißt, es müssten mindes­tens zwei Redak­teure die Beiträge gelesen haben, bevor sie ins Netz gingen. Natür­lich dürfe man sich nicht jeden Spaß erlauben“. Vor allem Beiträge, die einen Einblick hinter die Kulissen der Bundes­re­gie­rung bieten, liefen gut. Außerdem wurden Fakten-Checks etabliert, für deren Design zusätz­lich ein Grafiker einge­stellt wurde. Eine solche Stelle einzu­richten, sei in einer Behörde wie dem Bundes­pres­seamt nicht so einfach.

Ein Staub­wedel wird zum Maskott­chen, natür­lich in schwarz-rot-gold

Ein solches Projekt braucht natür­lich auch ein Maskott­chen. Abhilfe schafft hier ein eigent­lich banaler Gegen­stand: ein Staub­wedel in Schwarz-Rot-Gold. Bei einer Vorstel­lung der Redak­tion kam er zum ersten Mal zum Einsatz. Die erste Idee war, dass der Staub­wedel symbo­li­sieren soll, dass nun alte und fest­ge­fah­rene Struk­turen abge­staubt werden und ihnen dadurch ein neuer Glanz verliehen wird. Mitt­ler­weile sei eine ganze Samm­lung von Staub­we­deln vorhanden, sie seien nicht mehr wegzu­denken.

Wie andere Medien habe auch die Bundes­re­gie­rung das Problem der Hass- und Hetz­kom­men­tare. Sogar die Polizei hätte schon eingreifen müssen. Nahezu rund um die Uhr müsse mindes­tens ein Redak­teur zur Verfü­gung stehen, um die Viel­zahl an Kommen­taren zu lesen bezie­hungs­weise zu beant­worten. Um sich persön­li­cher Kritik zu entziehen, möchten die Redak­ti­ons­mit­glieder aber möglichst anonym bleiben und ihre Persön­lich­keit aus der Arbeit bei Face­book raus­halten. Darin sahen die Teil­nehmer des Work­shops jedoch eine unge­nutzte Chance und die Gefahr, dass der gesamte Account dadurch zu unper­sön­lich und abstrakt bleibe.

Satire hat hier keinen Platz, nur ernste Bericht­erstat­tung

Die Themen, die in den großen Posts ange­spro­chen werden, müssen immer ernst sein, erklärt Eva Maria Marks. In den Kommen­taren dürften die Redak­teure aber auch mal sehr humor­voll werden. Satire halte die Redak­tion aber insge­samt für unan­ge­messen. Was die Bericht­erstat­tung der Redak­tion ganz beson­ders ausmache, sei die Voll­stän­dig­keit. State­ments, beispiels­weise die Beileids­be­kun­dung der Kanz­lerin zum Flug­zeug­ab­sturz der 4U9525, würden in voller Länge veröf­fent­licht. Viele User hätten sich laut Marks darüber sehr gefreut und die einsei­tige und unaus­ge­gli­chene Darstel­lung in den anderen Medien kriti­siert. Wenn Beiträge gekürzt werden, bleibt eben auch immer ein biss­chen Inhalt auf der Strecke.


Empfohlene Beiträge

Artikel

Tiefe, Texte und verschie­dene Kulturen

Sabrina Winter

Artikel

Der Schluss­ak­kord

Inga Dreyer