Eine kloba­li­sierte Welt

Datum
22. April 2016
Autor*in
Cora Gebel
Thema
#ZukunftsTour 2016
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Toiletten sind für mehr da als nur für das schmut­zige“ Geschäft. Wie wichtig hygie­ni­sche Sani­tär­an­lagen sind, zeigt dieser Beitrag. Ein Einblick in die Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tion German Toilet Orga­niza­tion e.V.

Laut geben für ein stilles Örtchen“ ein prägnantes Motto für eine NGO. Eine NGO, die sich für eine kloba­li­serte“ Welt einsetzt. Toiletten retten Leben, das weiß die German Toilet Orga­niza­tion, kurz GTO. Ihr Ziel: eine welt­weite Sani­tär­ver­sor­gung!

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Sabine Neumann (Assistenz der Geschäftsführung) und Svenja Ksoll (Projektkoordinatorin), Fotos (3): Cora Gebel

Doch wie lässt sich das errei­chen? Vor allem durch Wissens­ma­nage­ment“, erzählt Svenja Ksoll. Sie ist verant­wort­lich für die Projekt­ko­or­di­na­tion und entwick­lungs­po­li­ti­sche Bildung der GTO. Dazu zählt tech­ni­sches Know-how, Hygie­ne­pro­mo­tion und Poli­cy­ar­beit.“ Wichtig sei vor allem, das Wissen zu nach­hal­tigen Sani­tär­sys­temen zu vermit­teln. Was in unserer west­li­chen Welt als selbst­ver­ständ­lich ange­sehen wird, ist es keines­wegs. Sage und schreibe 40 Prozent der Mensch­heit leben ohne ange­mes­sene Sani­tär­an­lagen. Dass diese wichtig sind für die Hygiene und damit die Entwick­lung von Menschen, ist vielen gar nicht bewusst. Unzu­rei­chende Wasser‑, Sanitär- und Hygie­never­sor­gung kann zu immer wieder­keh­renden Durch­fall führen und dieser zu einer Mangel- und Unter­ernäh­rung. Im Umkehr­schluss heißt das: durch Verbes­se­rung der Sani­tär­ver­sor­gung können Nähr­stoffe besser aufge­nommen werden und somit die Gesund­heit gestärkt werden.

Wir möchten das Thema positiv darstellen und den Menschen verdeut­li­chen, dass Toiletten Leben retten können“, so Ksoll. Das geschehe durch Schu­lungen und Semi­nare. Auf dem Programm stehen beispiels­weise Besuche bei Schulen in Subsa­hara-Afrika, die keine Schul­toi­lette besitzen. Denn: jähr­lich gehen 450 Millionen Schul­tage durch wasser­be­dingte Krank­heiten verloren. Vor allem Mädchen sind von unzu­rei­chenden sani­tären Anlagen betroffen. Eine Studie in Bangla­desch hat gezeigt, dass nach der Einfüh­rung von Schul­toi­letten für Schüler*innen 11% mehr Mädchen im Mens­trua­ti­ons­alter weiterhin die Schule besu­chen. Aus Scham nämlich nehmen viele Schü­le­rinnen nicht mehr am Unter­richt teil. Zugang zur Toilette bedeutet also auch Würde.

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Fäkalien und Urin sind eine Ressource – nämlich als Dünger.

Zugang zu sauberen Toiletten für alle Menschen

Gegründet wurde die German Toilet Orga­niza­tion 2005 in Berlin. Mit einer Wander­aus­stel­lung namens Sani­ta­tion is Dignity, Toilette bedeutet Würde“ ist die GTO seitdem regel­mäßig im In- und Ausland präsent. Um das Thema promi­nenter zu machen, arbeitet die GTO auch mit dem Auswär­tigen Amt zusammen. Inner­halb dieser Koope­ra­tion wurden bereits Work­shops in Bangkok und Kampala durch­ge­führt. Es gilt, Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit und Nothilfe zusam­men­zu­bringen“, bekräf­tigt Ksoll. Auch andere Part­ner­or­ga­ni­sa­tionen helfen beim Wissens­aus­tausch und der gemein­samen Inter­es­sen­ver­tre­tung. So etwa Enga­ge­ment Global gGmbH – Service für Entwick­lungs­in­itia­tiven oder die Landes­stelle für Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit Berlin (LEZ). Gemeinsam sollen so Projekte auf den Phil­ip­pinen, auf Sri Lanka oder in Indien verwirk­licht werden. Diese Regionen sind nur ein paar Beispiele für Orte, wo akuter Mangel am Zugang zu nach­hal­tigen Sani­tär­an­lagen besteht. In Indien ist es die Trocken­heit, welche wasser­spa­rende Einrich­tungen notwendig macht. Auf Sri Lanka war es die Tsunami-Kata­strophe, welche das gesamte dortige Abwas­ser­system zerstört hat. Und auf den Phil­ip­pinen sind Sani­tär­sys­teme einfach uner­schwing­lich – jeder zweite Haus­halt in Lumbia hat keinen Zugang zu adäquaten und hygie­ni­schen sani­tären Anlagen.

Ein Blick über den eigenen Toilet­ten­schüs­sel­rand

Doch sani­täre Grund­ver­sor­gung ist die beste Präven­tiv­me­dizin. Cholera, Typhus und Wurm­in­fek­tionen können durch Toiletten, Hände­wa­schen und dem fach­ge­rechten Umgang mit mensch­li­chen Ausschei­dungen verhin­dert werden. Sani­täre Anlagen fordern außerdem gesell­schaft­liche Entwick­lung und damit Wohl­stand. Tatsäch­lich ist es so, dass der Zugang zu Toiletten Zeit spart. Diese geht durch die Suche nach einem abge­le­genen Versteck verloren. Das führt zu kürzeren Arbeits­zeiten. Das Wirt­schafts­po­ten­tial erhöht sich, wenn diese Zeit statt­dessen in der Schule verbracht wird. Auch kann es durch die Nutzung von mensch­li­chen Ausschei­dungen als Rohstoff erhöht werden – Fäka­lien sind ein ausge­zeich­netes Dünge­mittel.

Es gibt also viele Gründe, sich für das Toilet­ten­thema stark zu machen und sich gegen das eher schmut­zige“ Image der Toilette einzu­setzen. Übri­gens: am 19. November ist Welt­toi­let­tentag. Ganz nach dem Motto Laut geben für ein stilles Örtchen“. Und für eine kloba­li­sierte Welt.


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