Deutsch­land, deine Werte

Datum
27. August 2017
Autor*in
Jana Borchers
Thema
#KJD17
Gibt es einen Werteverfall in Deutschland?

Gibt es einen Werteverfall in Deutschland?

Gibt es einen Werte­ver­fall in Deutsch­land? Und wenn ja – wäre das so schlimm? Ein Work­shop sucht nach Antworten und stößt dabei auf immer neue Fragen. Jana Borchers hat die Debatte mitver­folgt.

Woran merkt man, dass ein Wert verfällt? Nur eine Frage die sich die Teilnehmenden des Workshops stellen mussten

Woran merkt man, dass ein Wert verfällt? Diese und weitere Fragen stellen sich die Teilnehmenden des Workshops von Melda Akbaş. / Foto: politikorange

Alte Werte, neue Werte, keine Werte?“ So heißt der Work­shop der Buch­au­torin Melda Akbaş auf dem Kongress junger Demokrat_​Innen. Gibt es einen Werte­ver­fall in Deutsch­land? Das ist die Frage, die sich die Teil­neh­me­rinnen und Teil­nehmer stellen sollen. Die meisten merken schnell: Eine Antwort darauf zu finden ist gar nicht so einfach.

Ja”, sagt jemand spontan, manche Werte zählen heute nicht mehr so viel wie früher. Zum Beispiel der Respekt gegen­über Älteren.” Sofort entbrennt eine Debatte darüber, ob Werte­ver­fall grund­sätz­lich etwas Schlechtes sein muss. Verfall – das klingt irgendwie negativ. Nach etwas, das es aufzu­halten gilt. Aber verän­dern sich Werte nicht immer mit dem Lauf der Zeit?

Ein Beispiel: In den 60er Jahren nahm die Bedeu­tung von Gehorsam und Diszi­plin ab. Selbst­ver­wirk­li­chung wurde zuneh­mend wich­tiger. Einige Werte verfallen, an ihre Stelle treten andere. Das scheint zunächst einmal eine neutrale Fest­stel­lung zu sein. Doch die stellt nicht alle Teil­neh­menden zufrieden.

Werte­ver­fall setzt Konsens an Werten voraus

Damit Werte verfallen können, müssen erstmal welche bestehen”, wirft jemand in die Runde. Gibt es ein gemein­sames Werte­system, auf das wir uns einigen können? Wenn ein Wert verfällt – verliert er dann nur für mich persön­lich an Bedeu­tung? Oder gibt eine Art leeren Raum, in dem Werte verschwinden? Hört ein Wert mit seinem Verfall auf zu exis­tieren?

Eine Antwort zu finden ist deshalb so schwierig, weil das Thema kaum greifbar ist. Was ist über­haupt ein Wert? Nicht einmal darauf kann sich die Gruppe einigen.

Hat die Work­shop-Leiterin selbst eine Antwort? Für mich ist der aktu­elle Rechts­ruck in Deutsch­land ein Beispiel für einen Werte­ver­fall“, sagt Melda Akbaş. In diesem Fall sei die Abgren­zung zum Natio­nal­so­zia­lismus der Wert, der gerade an Bedeu­tung verliere.” Wieder mischt sich einer der Teil­neh­menden ein: Ich kann mir aber vorstellen, dass beispiels­weise die AfD über­zeugt ist, dass sie mit ihrem Programm die guten‘ Werte hoch­hält.” Sie halte sich also selbst für die Partei, die versucht, einen Werte­ver­fall aufzu­halten.

Mehr Fragen als Antworten

Ob man etwas als Werte­ver­fall bezeichnet, ist eine Frage des eigenen Stand­punkts. Diese Erkenntnis scheint sich immer deut­li­cher abzu­zeichnen. Aber nach und nach kommen neue Fragen auf: Wie konkret lässt sich ein Wert über­haupt defi­nieren? Kann das Einkaufen von Fair­trade-Produkten einen Wert darstellen? Oder muss man Werte viel allge­meiner formu­lieren, etwa in Begriffen wie Verant­wor­tungs­be­wusst­sein, Gerech­tig­keit und Frei­heit? Teilen dann letzt­end­lich alle Menschen dieselben Werte, die sie bloß auf unter­schied­liche Weise mit Bedeu­tung füllen? Gibt es viel­leicht sogar nega­tive“ Werte?

Das Thema scheint uferlos zu sein. Irgend­wann weiß niemand mehr so richtig, wo der Diskurs eigent­lich hinführen soll.

Gegen Ende der Veran­stal­tung sind die Teil­neh­menden aufge­for­dert, Plakate und Videos zu gestalten, in denen sie die Werte vertreten, die ihnen selbst wichtig sind. Das beant­wortet zwar nicht die eingangs gestellte Frage – aber es ist irgendwie leichter zu fassen.


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