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„Ihr sagt Sozialstaat, ich sag nur Blabla“ – schon 2011 zweifelte Rapper Samy Deluxe daran, ob Deutschlands soziale Absicherung wirklich hilft. Heute, über ein Jahrzehnt später, ist das Bürgergeld zur neuen Grundsicherung geworden – und ein politischer Dauerbrenner. Während die Ampelkoalition es als Hilfestellung für Menschen in Not sieht, kritisieren CDU und FDP mangelnde Arbeitsanreize. Doch was steckt hinter den Debatten? Und ist das Bürgergeld wirklich eine „Hängematte“ – oder ein Sprungbrett zurück in den Arbeitsmarkt?
Was ist das Bürgergeld?
Seit Januar 2023 ersetzt das Bürgergeld das frühere Hartz-IV-System. Alleinstehende erhalten aktuell 563 Euro pro Monat, dazu kommen Miet- und Heizkostenzuschüsse. Wer Bürgergeld bezieht, muss sich grundsätzlich um eine neue Arbeitsstelle bemühen – mit Ausnahmen für Alleinerziehende oder gesundheitlich eingeschränkte Personen. Wer Jobangebote ablehnt oder Termine versäumt, muss mit Kürzungen rechnen.
Wie geht es mit dem Bürgergeld weiter? Die Positionen der Parteien im Überblick
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Bürgergeld: Individuelle Schicksale statt einfache Lösungen
Wirtschaftsredakteurin Nicole Kohnert (ARD-Korrespondentin für Wirtschaft und Finanzthemen) weist darauf hin, dass das Bürgergeld nicht mit einfachen Maßnahmen reformierbar ist. Strengere Regeln, wie sie CDU und FDP fordern, könnten zwar theoretisch zu einer Reduktion der Empfängerzahlen führen, aber nicht zwangsläufig mehr Menschen in Arbeit bringen. „Viele Betroffene haben ganz individuelle Probleme, für die es keine Pauschallösung gibt“, so Kohnert. Sie nennt Beispiele wie alleinerziehende Mütter, die keinen Kitaplatz finden, oder pflegende Angehörige, für die eine Vollzeitstelle schlicht nicht realistisch ist. Auch die generelle Vereinbarkeit von Familie und Beruf seien unter anderen Gründe, ob Menschen eine Vollzeitstelle annehmen können oder nicht.
Faktencheck: Mythen und Realität zum Bürgergeld
Besonders aus Unionskreisen kommt die Kritik, Bürgergeld schaffe Anreize, nicht zu arbeiten. Zahlen zeigen jedoch ein differenzierteres Bild: Von vier Millionen erwerbsfähigen Bürgergeldbeziehenden sind nur 1,7 Millionen offiziell arbeitslos. Viele andere sind Studierende, Alleinerziehende oder pflegen Angehörige. Nur 0,5 Prozent der Empfänger*innen werden tatsächlich für Arbeitsverweigerung sanktioniert.
Fazit: Braucht es eine „Reform der Reform“?
Bürgergeld ist kein bedingungsloses Grundeinkommen – aber auch keine perfekte Lösung. Während die Ampel Parteien es als notwendige Unterstützung betrachten, bleibt die Kritik der Union laut: Zu teuer, zu wenig Anreize für Arbeit. Doch wie viel Kontrolle braucht der Sozialstaat? Und wie stark muss Arbeit belohnt werden? Die Antwort darauf wird nicht nur die Sozialpolitik der nächsten Jahre bestimmen – sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
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