Andere Herkunft – andere Politik?

Datum
01. März 2020
Autor*in
Jilan Alsaho
Themen
#HHWahl20 #Politik
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Welche Rolle spielen Menschen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund in der Hambur­gi­schen Politik? Und wie würden sie in Hamburg abstimmen, wenn sie wählen dürften? poli­ti­ko­range-Autorin Jilan Alsaho ist diesen Fragen auf den Grund gegangen.

Hamburg ist inter­na­tional und vereint viele Nationen und Kulturen in sich. Doch nur, weil man in Deutsch­land lebt, darf man nicht auto­ma­tisch auch an Wahlen teil­nehmen. Das Grund­ge­setz schließt das Wahl­recht für Auslän­de­rinnen und Ausländer aus. Lang­jäh­rige in Deutsch­land lebende Migran­tinnen und Migranten können sich unter erleich­terten Bedingen einbür­gern lassen und erhalten damit auch das Wahl­recht.

Aiham Kaboul 28 Jahre aus Syrien

Aiham Kaboul aus Syrien. Foto: privat

Aiham Kaboul ist 28 Jahre alt und kommt aus Syrien. Er ist seit 2015 in Deutsch­land und macht eine Ausbil­dung zum Fach­in­for­ma­tiker. Für ihn sind Wahlen in Deutsch­land, wie beispiels­weise die Bürger­schafts­wahl in Hamburg, nicht beson­ders bedeutsam, weil er nicht wählen darf.

Ihm ist aber wichtig, dass er sich trotzdem über die Politik in Deutsch­land infor­miert und auch eine Meinung dazu entwi­ckelt. Wenn er wählen dürfte, hätte er Die Linke oder Bündnis 90/​Die Grünen gewählt. 

Lohn­gleich­heit, Bildung, Gesund­heits­ver­sor­gung 

Er wünscht sich von der Politik in Deutsch­land mehr Fokus­sie­rung aufs Thema Lohn­gleich­heit zwischen Frauen und Männer. Mit dem Fokus auf Hamburg ist ihm wichtig, dass die Stadt noch umwelt­freund­li­cher wird und die Bildungs­an­ge­bote für Migran­tinnen und Migranten verbes­sert werden.

Im Gegen­satz zu Aiham ist die 53-jährige Sevgi Tunca aus der Türkei gar nicht an Politik inter­es­siert. Sie darf nicht wählen, obwohl sie in Deutsch­land geboren ist. Warum soll ich mir ein Kopf machen, wenn ich sowieso nicht wählen darf? Wenn das in der Zukunft passiert, werde ich mir dann darüber Gedanken machen“, sagt sie.

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Sevgi Tunca aus der Türkei. Foto: Jilan Alsaho

Sie arbeitet als Haus­halts­hilfe und wünscht sich von der Politik eine Verbes­se­rung der Kran­ken­häuser und der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung. Poli­ti­schen Nach­hol­be­darf sieht sie vor allem im Umgang mit Menschen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund und deren Bildungs­chancen bzw. Unter­stüt­zung in Deutsch­land.

Migra­tion in der Politik 

Keyvan Taheri wurde mit der Bezirks­wahl im Mai 2019 zum Abge­ord­neten für den Wahl­kreis Winter­hude in Hamburg gewählt. Als Sohn irani­scher Eltern hat sein Migra­ti­ons­hin­ter­grund eine Rolle gespielt, als er in die Politik gegangen ist. Für ihn ist Die Linke die einzige Partei, die sich gegen das Mili­tär­bündnis NATO posi­tio­niert und aktiv für eine Frie­dens­po­litik eintritt.

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Keyvan Taheri ist Abgeordneter für Winterhude. Foto: Jilan Alsaho

Daher war für ihn schnell entschieden, dass er in Links­partei eintritt. Außerdem verkör­pert die Partei für ihn als einzige einen wirk­li­chen Gegenpol zur rechten Politik“ und gegen die Afd. Er sieht sich nicht nur als Vertreter der Menschen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund aufgrund seines eignen, sondern setzt sich auch sehr für eine gute Verkehrs­po­litik in Hamburg ein.

Diskri­mi­nie­rung in Gesell­schaft und Parla­ment 

Die Spit­zen­kan­di­datin der Partei Die Linke bei der Hamburger Bürger­schafts­wahl, Cansu Özdemir, entstammt einer kurdi­schen Einwan­de­rer­fa­milie. 2009 erlangte sie am Wirt­schafts­gym­na­sium das Abitur. Sie studierte anschlie­ßend Kultur­anthro­po­logie und Poli­tik­wis­sen­schaften an der Univer­sität Hamburg.

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Die Linken-Spitzenkandidatin Cansu Özdemir Foto: Jilan Aslaho

Ihr Migra­ti­ons­hin­ter­grund hat eine rele­vante Rolle für ihre Entschei­dung in die Politik zu gehen gespielt. Menschen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund sind von Diskri­mi­nie­rung getroffen und es ist für sie nicht einfach, sowohl in der Gesell­schaft aber vor allem auch in Parteien und im Parla­ment. Sie sieht sich nicht als Vertre­terin der Migran­tinnen und Migranten sondern als Vertre­terin der Menschen und der Stadt Hamburg. Bei der Bürger­schafts­wahl hat Die Linke 9,1 % geholt.


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